Sebastian Kurz

APA/GEORG HOCHMUTH

Praxis - Religion und Gesellschaft

Kurz und Kirche

ÖVP-Chats und katholische Kirche +++ Ostern im Vatikan: Corona, Kürzungen und Konflikte +++ Verschleierung in Frankreich: Filmemacherin Agnès De Féo porträtiert Burka-Trägerinnen +++ Theologe Hans Küng gestorben

1. ÖVP-Chats und katholische Kirche

Nach der Veröffentlichung der Chatprotokolle zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und ÖBAG-Chef Thomas Schmid aus dem Jahr 2019 gehen die Wogen hoch. Als damaliger Generalsekretär des Finanzministeriums soll Schmid dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, mit der Abschaffung von Steuerprivilegien gedroht haben - nachdem die katholische Kirche die Asyl- und Flüchtlingspolitik der ÖVP-FPÖ-Regierung kritisiert hatte.
"Ja super. Bitte Vollgas geben", schrieb Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Vorfeld an Schmid. Steuerbegünstigungen hat die Kirche einige. Einerseits ist sie von der Grundsteuer befreit, Gehälter von Religionslehrer/innen werden vom Staat übernommen und Kirchenbeiträge bis 400 Euro können von der Steuer abgesetzt werden. Dem Gleichheitsgrundsatz zufolge würde die Abschaffung auch alle anderen anerkannten Religionsgemeinschaften in Österreich treffen. Für den Steuerjuristen Werner Doralt ist daher das Drohpotential gegen die Kirche enorm. Caritas-Präsident Michael Landau forderte kürzlich im Ö1-Wirtschaftsmagazin "Saldo" eine öffentliche Entschuldigung von Bundeskanzler Kurz. Auch der frühere langjährige Caritas-Direktor Franz Küberl kritisiert Umgang und Stil, um gleichzeitig zu betonen, dass dieser Ton auch nicht allen in der Bundes-ÖVP gefiele. - Gestaltung: Susanne Krischke und Maresi Engelmayer


2. Ostern im Vatikan: Corona, Kürzungen und Konflikte

Die katholische Kirche hat vergangenes Wochenende das größte Ereignis des Kirchenjahres gefeiert, die Auferstehung Christi, aber womöglich sei es der Karfreitag gewesen, der die Stimmung im Vatikan besser eingefangen hat, konstatieren Vatikan-Journalist/innen. Nicht nur die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch Gehaltskürzungen bei den Kardinälen und Priestern haben dieses Jahr die Osterfeierlichkeiten im Vatikan überschattet. Der Vatikanstaat muss sparen, denn im Budget klafft ein großes Loch: Die Haupteinnahmequelle sind die Vatikanischen Museen, die in normalen Jahren rund 150 Millionen Euro einbringen. Sie waren nicht lange offen in diesem Pandemiejahr, und selbst wenn sie geöffnet hatten, waren sie in Ermangelung von ausländischen Tourist/innen meist leer. Auch das vor kurzem veröffentlichte vatikanische Dekret, das die Segnung homosexueller Paare verbietet, hat viel Kritik hervorgerufen, die manche sogar eine Kirchenspaltung befürchten lässt. - Gestaltung: Cornelia Vospernik


3. Verschleierung in Frankreich: Filmemacherin Agnès De Féo porträtiert Burka-Trägerinnen

In Frankreich ist im Zuge eines neuen Gesetzes zur "Stärkung der republikanischen Prinzipien" die Kopftuchdebatte wieder aufgeflammt, denn ginge es nach dem französischen Senat, sollen Musliminnen unter 18 Jahren künftig kein Kopftuch an öffentlichen Orten mehr tragen und auch das Tragen von Burkinis in Schwimmbädern soll untersagt werden. Ob der Artikel tatsächlich in das französische Gesetz aufgenommen wird, ist noch nicht klar. Er muss noch von der Nationalversammlung genehmigt werden.
Am 11. April sind es genau zehn Jahre, dass das Burka-Verbot in Frankreich in Kraft getreten ist. Es war das erste seiner Art in Europa. Viel ist über die Beweggründe der Frauen nicht bekannt, die sich trotz Verbots vollverschleiern. Die französische Soziologin und Filmemacherin Agnès De Féo hat für eine Langzeitstudie das Phänomen in den vergangenen Jahren erforscht, 200 muslimische Frauen über eine lange Zeitspanne hinweg begleitet und durchaus überraschende Beobachtungen zu Tage gefördert. Eines ihrer Ergebnisse: Wichtiger als Frömmigkeit ist der Protest gegen Familie und Gesellschaft. ORF-Frankreich-Korrespondentin Cornelia Primosch hat Agnès De Féo in Paris getroffen.


4. Theologe Hans Küng gestorben

Hans Küng, einer der renommiertesten Theologen weltweit und Begründer der Stiftung Weltethos, ist Dienstagmittag, 6.4.2021, im Alter von 93 Jahren in seinem Haus in Tübingen gestorben. 1979 wurde Küng die kirchliche Lehrbefugnis entzogen. Zu unorthodox waren der römischen Kirchenleitung die Ansichten des kritischen Theologen, der unter anderem an der Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramtes Anstoß nahm. Während der gebürtige Schweizer Küng von Papst Johannes XXIII. zum offiziellen Berater des Zweiten Vatikanischen Konzils ernannt wurde, wurde ihm unter Johannes Paul II. untersagt, im Namen der katholischen Kirche zu lehren. "Weltethos", so heißt das von ihm daraufhin initiierte Projekt, das den Frieden in der Welt fördern sollte.

Service

Agnès de Féo, "Derrière le niqab. 10 ans d'enquête sur les femmes qui ont porté et enlevé le voile intégral", Paris, Edition Arman Colins 2020

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