APA/DPA/AXEL HEIMKEN
Diagonal
Diagonal zum Thema: Identitätspolitik
Wer sind wir - und wenn ja, wieviele? - Diagonal zum Thema: Identitätspolitik
24. April 2021, 17:05
Schon lange ist die Rede von der "Spaltung der Gesellschaft". Dazu hat ein durchaus älterer Begriff jetzt eine steile Karriere gemacht. Von ganz rechts bis in die Mitte hinein und wieder zurück geistert er durch Politik, Medien und Kultur: Identitätspolitik. Das gegenwärtige gesellschaftliche Klima, die überhitzte Debattenlage scheint bei aller Breite der Mitte auch einer Verhärtung der ideologischen Fronten Vorschub zu leisten. Nach dem Aufstieg einer antiliberalen und antimodernen Rechten verschanzen sich jetzt viele auf der linken, progressiven Seite mit ähnlich ideologischer Härte.
Dass Antidiskriminierungskämpfe seit geraumer Zeit unter der Chiffre "Identitätspolitik" zum Problem gemacht werden, ist vor allem dem New Yorker Historiker Mark Lilla zu "verdanken". Bereits 2016 hatte er in der New York Times "identity liberalism" als Mitschuldigen an Donald Trumps Wahlsieg ausgemacht. Lilla traf durchaus einen Nerv. Plötzlich war "Identitätspolitik" der Dreh- und Angelpunkt linker Selbstkritik, der Hauptschuldige im globalen Drama des links-liberalen Weltverständnisses - angesichts eben der Wahl von Trump, des Brexit, dem Aufstieg der AfD und hierzulande auch der FPÖ, dem Wiedererstarken von offenem Rassismus, Antisemitismus und Sexismus, dem Aufstieg von Populismus und Alt-Right.
Die Vorwürfe an die Identitätspolitik lauten: sie fragmentiere die Gesellschaft, sie fördere einen Opferwettbewerb, sie lenke vom Wesentlichen ab - vom Sozialen und Ökonomischen. Alle reden nun also von "Identität" und behaupten zu wissen, was das ist. Demagogen betätigen sich als Psychologen und Experten für die Heilung von Gruppen, deren Identität angeblich bedroht ist. Doch dabei werden die Begriffe in den Feuilletons selten definiert.
Die Kritik an der Identitätspolitik erfolgt nicht nur aus durchsichtigen ideologischen Motiven, von rechts, sondern auch vom politischen Gegenpol: Der Dramaturg und Autor Bernd Stegemann kritisiert sie schon seit Jahren als "spätmoderne Wutpolitik." Sie sei ein System, das auf dem individuellen Gefühl der Kränkung beruhe, die dann als Akt der politischen Entscheidung verallgemeinert werde. Motto: "Den Opfern muss immer geglaubt werden."
Obwohl Identitätspolitik heute vor allem im linken politischen Spektrum praktiziert werde, so Stegemann, sei das Unheimliche an ihr, dass sie sich mit jeder Weltanschauung verbinden lässt: "Empört euch!" ist eine universale Forderung, die jedoch oft zu keiner praktikablen Politik führt, sondern zu einer unendlichen Kette von Schuldzuweisungen und gesellschaftlichen Tribalisierungen. Ein Modus aus dem Geist vormoderner Gesellschaften, der durch die Reduktion von Komplexität den Unübersichtlichkeiten gegenwärtiger Politikverhältnisse nicht mehr Rechnung tragen könne.
Mit Beiträgen von Nada El-Azar, Thomas Mießgang, Antonia Löffler, Christoph Winder und Rainer Springenschmid, in einer Sendung von Petra Erdmann, Peter Waldenberger und Roman Tschiedl.
Service
Ö1 Podcast - Making of ... Diagonal "Identitätspolitik"
Sahra Wagenknecht, "Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm - für Gemeinsinn und Zusammenhalt", Campus
Isolde Charim, "Ich und die Anderen. Wie die neue Pluralisierung uns alle verändert", Zsolnay
Michael Sandel, "Vom Ende des Gemeinwohls. Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratien zerreißt", S. Fischer
Kenan Malik, "Das Unbehagen in den Kulturen", Novo Argumente
Robert Pfaller, "Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur", S. Fischer
Johannes Richardt (Hg.), "Die sortierte Gesellschaft. Zur Kritik der Identitätspolitik", Novo Argumente
Jens Kastner & Lea Susemichel, "Identitätspolitiken. Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken", Unrast Verlag
Martina Tißberger, "Dark Continents und das UnBehagen in der weißen Kultur", Unrast Verlag
Natascha Strobl, Julian Bruns, Kathrin Glösel, "Die Identitären. Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa", Unrast Verlag
Andreas Peham, Rechtsextremismus als politische und pädagogische Herausforderung, DOEW
Heribert Schiedel, "Extreme Rechte in Europa", Ed. Steinbauer
Mithu M. Sanyal, "Identitti", Carl Hanser
Bernardine Evaristo, "Mädchen, Frau etc.", Tropen Verlag
Sharon Dodua Otoo, "Adas Raum", S. Fischer Verlag
Brit Bennett, "Die verschwindende Hälfte", Rowohlt
Sandra Gugic, "Zorn und Stille", Hoffmann und Campe
Sama Maani, "Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten. Und die eigene auch nicht", Drava-Verlag
Sama Maani, "Zizek in Teheran", Drava-Verlag
Black Voices. Das antirassistische Volksbegehren in Österreich
Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Pierre Degeyter/1848 - 1932
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Eugene Pottier
Album: ( FRÜHERE ) NATIONALHYMNEN ( EHEMALS ) SOZIALISTISCHER LÄNDER
Titel: Die Internationale
Orchester: Orchester der Polnischen Volksarmee
Leitung: Arnold Rezler
Länge: 01:30 min
Label: Musicaphon M 52901
Komponist/Komponistin: Péter Eötvös
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Péter Esterházy/gest. 2016
Gesamttitel: Salzburger Festspiele 2016 - Ouverture Spirituelle Wiener Philharmoniker /SFGFH160730-1_S
Titel: Halleluja - Oratorium balbulum / Vier Fragmente für Mezzosopran, Tenor, Sprecher, gemischten Chor und Orchester / URAUFFÜHRUNG
I: Auftragswerk der Salzburger Festspiele geminsam mit Wiener Konzerthaus/ Wien Modern, Tonhalle-Gesellschaft Zürich, Müpa Budapest - Palast der Künste, WDR und ACHT BRÜCKEN Musik für Köln, Sidney Symphony Orchestra
* Erster Teil - Wer sind wir? (00:17:18)
* Zweiter Teil - Wo sind wir? Was machen wir? (00:13:44)
* Dritter Teil - Was wollen wir? (00:11:59)
* Vierter Teil - Worüber schweigen wir? (00:11:10)
Solist/Solistin: Iris Vermillion /Mezzosopran; Engel
Solist/Solistin: Topi Lehtipuu /Tenor; Prophet
Solist/Solistin: Peter Simonischek /Sprecher; Erzähler
Chor: Chor des Ungarischen Rundfunks
Choreinstudierung: Zoltán Pad
Leitung: Daniel Harding
Orchester: Wiener Philharmoniker
Länge: 00:09 min
Label: Schott LM
Komponist/Komponistin: Rainer Fabich/geb.1958
Album: Z MINGA II
Titel: Mia san mia (Bavarian self confidence)/instr.
Untertitel: Munich Specials
= IN MÜNCHEN
Ausführende: Rainer Fabich & Friends /Instrumental
Länge: 00:33 min
Label: Fajora Music 107
Komponist/Komponistin: Hans Jürgen Buchner
Album: ZWISCHENLANDUNG
Titel: Bayern
Solist/Solistin: Haindling /Gesang m.Begl.
Länge: 00:04 min
Label: BMG Ariola 74321590052
Komponist/Komponistin: Surrogat
Album: Rock
WIR SIND WIR
Ausführende: Surrogat
Länge: 03:45 min
Label: Kitty Yo LC 02816
Komponist/Komponistin: Christof Dienz
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Gerhard Rühm/geb.1930
Album: A.QUA.PLUS - NEUE WIENERLIEDER / ATTENSAM QUARTETT UND W.RAFFEINER
Titel: mia san mia
Solist/Solistin: Walter Raffeiner /Bariton
Ausführende: Attensam Quartett
Ausführender/Ausführende: Annette Bik /Violine
Ausführender/Ausführende: Sophie Schafleitner /Violine
Ausführender/Ausführende: Ingrid Eder /Knöpferlharmonika
Ausführender/Ausführende: Michael Öttl /Kontragitarre
Länge: 00:06 min
Label: Extraplatte EX 6302
Komponist/Komponistin: Amyl And The Sniffers
Album: Amyl and The Sniffers
Titel: Gacked On Anger
Ausführende: Amyl and The Sniffers
Länge: 01:48 min
Label: Rough Trade - RT0064LP
Komponist/Komponistin: Julius Eastman
Album: The Nigger Series
Titel: Evil Nigger
Ausführende: Julius Eastman
Länge: 05:54 min
Label: Blume - BLUME 14-15
Komponist/Komponistin: Sault
Album: Untitled (Rise)
Titel: Street Fighter
Ausführende: Sault
Länge: 03:09 min
Label: Forever Living Originals
Komponist/Komponistin: Frittenbude
Titel: Die Dunkelheit Darf Niemals Siegen
Ausführende: Frittenbude
Länge: 03:48 min
Label: Audiolith
Komponist/Komponistin: Claude Joseph Rouget de Lisle/1760 - 1836
Bearbeiter/Bearbeiterin: Alfred Kluten
Gesamttitel: National Anthems 1
* Hymne von Frankreich (a) - innen
Populartitel: La Marseillaise
Orchester: X
Leitung: Alfred Kluten
Länge: 00:36 min
Label: Sonoton SAS 103
Bearbeiter/Bearbeiterin: Igor Strawinsky/1882 - 1971
Album: STRAWINSKYS MUSIK FÜR VIOLINE UND KLAVIER
Titel: La Marseillaise - bearbeitet für Violine
Solist/Solistin: Isabelle van Keulen /Violine
Länge: 00:25 min
Label: Philips 4209532
Komponist/Komponistin: Juliette Noureddine
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Pierre Philippe
Album: Rimes Féminines
Titel: Rimes Féminines
Solist/Solistin: Juliette
Orchester: Ensemble Orchestral Des Hauts-De-Seine
Ausführende: Bruno Grare, Franck Steckar
Ausführende: Didier Goret
Länge: 05:05 min
Label: Le Rideau Bouge - MT 104
Komponist/Komponistin: Roger Murdock
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: John S. Hall
Album: HAPPY HOUR
Titel: It's Saturday
Ausführende: King Missile /Gesang m.Begl.
Länge: 02:32 min
Label: Atlantic 7567824592
Komponist/Komponistin: Willi Landl
Album: Rabatt - Anarchie - Pailletten
Titel: Protest - Eleganz - Mascara
Solist/Solistin: Willi Landl /Gesang m.Begl.
Ausführender/Ausführende: Michael Hornek /Piano, Keys
Ausführender/Ausführende: Stefan Thaler /Bass
Ausführender/Ausführende: Clemens Adlassnigg /Drums
Länge: 04:19 min
Label: Jazzwerkstatt Records JWR01/11