Erwin Ringel

ORF/PETER KURZ

Gedanken für den Tag

Arnold Mettnitzer über Erwin Ringel

"Die österreichische Seele". Anlässlich dessen 100. Geburtstages erinnert sich der Theologe und Psychotherapeut Arnold Mettnitzer über seinen ehemaligen Lehrer

Mit 32 Jahren beschreibt Erwin Ringel "Das präsuizidale Syndrom". Seine erste Meisterleistung, die es verdient, heute an seinem 100. Geburtstag besonders hervorgehoben zu werden.

An Friedrich Torbergs "Schüler Gerber" illustriert der Psychiater die Not junger Menschen, die an "Gott Kupfer" scheitern müssen. Davon Betroffene unterzieht Ringel mit scharfem Blick einer gründlichen Analyse. Dabei ist er ein begnadeter Diagnostiker, der durch den Blick in die Augen eines Menschen auf dessen seelischen Zustand zu schließen weiß; nicht selten erweist er sich dabei auch als "Meister der paradoxen Intervention", jener Kunst, seine Patienten in Momenten, in denen sie nichts zu lachen haben, zumindest ein Lächeln abzuringen.

So weiß ich von einem seiner Schützlinge, der später mein Trauzeuge wurde, wie Ringel sich im Rollstuhl mit Smoking und mit weißem Schal zur Silvesternacht 1974 in das Stationszimmer schieben lässt und dabei die Arie des Grafen Danilo aus der Lustigen Witwe singt: "Heut' geh ich ins Maxim, dort ist es sehr intim! Ich duze alle Damen, nenn sie mit Kosenamen ."

Ringel weiß, dass Humor oft besser heilt als alle Rezepte; er weiß auch darum, dass alles Fröhliche einen wehmütigen Hintergrund hat und alle Wehmut eine heitere Vorderseite. "Wehmut", zitiert er Torberg, "kann immer auch ein bisschen lächeln."

Ringel ist überzeugt: "Niemand stirbt, weil er nicht mehr leben will, sondern weil er unter den Umständen, in die er geraten ist, nicht mehr leben kann!" Wer einem Menschen dann noch helfen kann, für den gilt, was im Talmud steht: "Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt!"

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Edgar Unterkirchner
Titel: Schlürft noch Licht - Musikalische Gedanken zu Erwin Ringels Lieblingslied "Im Abendrot"
Ausführender/Ausführende: Edgar Unterkirchner/Saxophon
Julia Hofer/Cello
Label: Eigenverlag

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