Michael Dangl

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Radiogeschichten Spezial

Der Ö1 Essay von Harry Martinson

"Schwärmer und Schnaken" von Harry Martinson. Aus dem Schwedischen von Klaus-Jürgen Liedke.
Es liest Michael Dangl

Als Harry Martinson 1974 gemeinsam mit seinem Landsmann Eyvind Johnson den Nobelpreis für Literatur erhielt, war das wieder so ein Moment, in dem sich jeder Nichtschwede am Kopf kratzte. Wer bitte sind die beiden? Und ist es nicht ziemlich befremdlich, wenn die Schwedische Akademie, die den Preis vergibt, zwei ihrer Mitglieder auszeichnet? In Schweden selbst, wo vor allem Harry Martinson seit den 1930er Jahren bereits eine literarische Größe war, war die Empörung über die Preisvergabe am größten. Nicht nur wegen der schiefen Optik, sondern weil Martinson und Johnson nicht als Repräsentanten der Gegenwartsliteratur angesehen wurden, weil sie trotz ihrer nationalen Bekanntheit von der Kritik zu Provinzschriftstellern herabgestuft wurden. Harry Martinson, der sein Leben lang unter Depressionen litt, beging kurz darauf Selbstmord.
Es war das tragische Ende eines Lebens, das 1904 unter tragischen Bedingungen begonnen hatte, als Sohn eines Bankrotteurs, der früh starb, und einer Mutter, die in die USA auswanderte und ihre Kinder zurückließ. Als so genanntes Gemeindekind wurde Martinson bei Bauern untergebracht, jedes Jahr wo anders, die ihrerseits nicht viel hatten und das Kind als billige Arbeitskraft nutzten. Mit 16 Jahren heuerte er als Matrose auf einem Schiff an und fuhr sieben Jahre lang zur See. Diese Erfahrung war die Grundlage dafür, dass der junge Mann, der so gut wie über keine Schulbildung und demgemäß über keinerlei Leseerfahrung und literarische Vorbilder verfügte, zur Sprache fand. Zu einer dichterischen Sprache, die von einer sprachlosen Welt berichtete, in einem ganz eigenen, unverbildeten Ton. Das zeigt sich besonders an seinen Naturessays, die nun unter dem Titel "Schwärmer und Schnaken" erstmals auf Deutsch erschienen sind. Die Natur ist bei Martinson keineswegs nur Idylle, sie ist Spiegel sowohl für die Innenwelt des Autors, als auch für das, was um ihn herum vor sich geht. Politisch, biologisch und gesellschaftlich.

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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