Momente puren Ausdrucks: Archie Shepp

10. Juni 2021, 17:30

84 Jahre alt ist Archie Shepp vor wenigen Tagen geworden. Der US-amerikanische Saxofonist mit Wohnsitz Paris zählt zu den streitbarsten und interessantesten Protagonisten des Avantgarde-Jazz der 1960er Jahre, er ist einer, der stets die politische Botschaft seiner Musik betont hat.

Und er ist bis heute musikalisch relevant geblieben: Seit 2015 konzertiert Shepp mit dem fast 40 Jahre jüngeren Pianisten Jason Moran, "Let My People Go" heißt das erste, beeindruckende Tonträger-Dokument dieser Zusammenarbeit. Höchst konzentriert werden hier alte Spirituals wie "Go Down Moses" und Jazz-Standards von Billy Strayhorn und Thelonious Monk zelebriert.

Shepps Ton wirkt wie immer stark vokalisiert, er flüstert, singt, seufzt, schreit, betet an Sopran- und Tenorsaxofon - und dann und wann setzt er folgerichtig als Sänger fort. Auf höchst eindringliche Weise werden so im Verein mit dem umsichtig begleitenden Moran die Lieder auf ihre Essenz reduziert, aus ihnen Momente puren, unter die Haut gehenden Ausdrucks destilliert.

Von den Aufnahmen, entstanden 2017/18 live in Paris und Mannheim, lässt sich ein Brücke zurück zu frühen Taten Shepps schlagen: In der "Revisited"-Reihe von Hat Hut / ezz-thetics wurden soeben die im August 1969 ebenfalls in Paris aufgenommenen Alben "Blasé" und "Yasmina, a Black Woman" teilweise wiederveröffentlicht: Schon damals beschäftigte sich Shepp - mit längst verstorbenen Wegbegleiter/innen wie Trompeter Lester Bowie und Sängerin Jeanne Lee - mit dem Substrat afroamerikanischer Musik, mit Spirituals und Duke Ellington. Was damals für einen Exponenten des Avantgarde-Jazz allerdings höchst ungewöhnlich war.

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Andreas Felber

Übersicht

• Jazz