Arnold Schönberg

Arnold Schönberg - ORF/CLASSICA ITALIA

Gedanken für den Tag

Melanie Unseld über Arnold Schönberg

"Sucher in der Moderne". Anlässlich dessen 70. Todestages erinnert die Musikwissenschafterin Melanie Unseld an einen der einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts

Lehrer-Sein

Vor mir liegt die Ausgabe von Schönbergs Harmonielehre aus dem Nachlass der deutschen Komponistin, Pianistin und Musikpädagogin Gertrud Meyer-Denkmann. Beide, Schönberg und Meyer-Denkmann waren passionierte Lehrende. Lehrende, die für ihre Zeit ungewöhnliche Wege beschritten haben, der Zeit ihre Musik zu vermitteln. Meyer-Denkmann, die die Nachkriegsavantgarde vernetzte, mit Kindergruppen musikalisch improvisierte und mit bildender Kunst experimentierte; Schönberg, der Zeit seines Lebens unterrichtete, aus schier ökonomischer Notwendigkeit ebenso wie aus leidenschaftlicher Überzeugung. Beide trennen knapp zwei Generationen, beide eint die Passion des Unterrichtens.

Meyer-Denkmann also liest Schönberg. Glücklicherweise liest sie mit Bleistift. Ich sehe also an den Bleistiftspuren ihre Zustimmung, zuweilen auch Begeisterung, etwa für Schönbergs unkonventionelles pädagogisches Temperament. Meyer-Denkmanns Bleistift unterstreicht Schönbergs Zeile: "Der Lehrer, der sich nicht echauffiert, weil er nur sagt, 'was er weiß', strengt auch seine Schüler zu wenig an." Oder: Schönbergs Zweifel an überzeitlich gültigen Systematiken und Theorien in der Kunst. "Zum Teufel mit allen diesen Theorien", so Schönberg, und auf der nächsten Seite, von Meyer-Denkmanns Bleistift mehrfach an- und unterstrichen: "Die Naturgesetze kennen keine Ausnahmen, die Kunsttheorien bestehen vor allem aus Ausnahmen." Was bleibt, ist die Art zu unterrichten: "Einfach Klarheit"! Und diese Klarheit besteht in der "Klarheit der Darstellung" die, so Schönberg, "aber nicht behauptet, Klarheit zu sein über die Dinge, die dem Dargestellten zugrunde liegen."

Es ist beeindruckend, dass Schönbergs Ideen zum Lehren, Ideen, die noch aus einer Zeit stammen, in der Strindberg, Maeterlinck und Weininger als verehrte Zeitzeugen genannt werden konnten, zwei Generationen später, inmitten der 68er-Bewegung, anregend waren. Und es ist beeindruckend, dass sie auch gegenwärtig zum Nachdenken über das Lehren anregen: ".der Lehrer muss den Mut haben, sich zu blamieren. Er muss sich nicht als der Unfehlbare zeigen, der alles weiß und nie irrt, sondern als der Unermüdliche, der immer sucht und vielleicht manchmal findet."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Arnold Schönberg/1874 - 1951
Titel: Quartett für Streicher Nr.4 op.37
* Scherzo commodo - 2.Satz (00:08:18)
Streichquartett
Ausführende: Schönberg Quartett
Ausführender/Ausführende: Janneke van der Meer /Violine
Ausführender/Ausführende: Wim de Jong /Violine
Ausführender/Ausführende: Henk Guittart /Viola
Ausführender/Ausführende: Viola de Hoog /Violoncello
Länge: 08:18 min
Label: Chandos CHAN 9939 (5 CD)

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