Verschwommener Traumfänger

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Radiogeschichten Spezial

Der Ö1 Essay von Jonathan Crary

"24/7. Schlaflos im Spätkapitalismus" von Jonathan Crary. Aus dem Amerikanischen von Thomas Laugstien.
Es liest Roman Blumenschein

Der amerikanische Kunsthistoriker Jonathan Crary hat sich in mehreren Büchern mit Phänomenen wie das Sehen, das Betrachten, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung beschäftigt. Vor sieben Jahren erschien erstmals sein über die Kulturgeschichte hinausreichendes Buch "24/7. Schlaflos im Spätkapitalismus", das nun neu aufgelegt wurde. Was er darin untersucht, ist nicht neu: Wir müssen permanent funktionieren, sind einem grenzenlosen Informationsfluss ausgesetzt.

Wir können zwischen Arbeit und Freizeit nicht mehr unterscheiden. Und was passiert, wenn die Nacht nicht mehr dem Schlaf gehört? Vor hundert Jahren noch verbrachten die Menschen regelmäßig zehn Stunden schlafend, so Crary. Lange Zeit war der Schlaf der einzige nicht kontrollierbare Rückzugsort vor den Zwängen des Kapitalismus. Der heute allgegenwärtige Schlafmangel ist Symptom eines beschleunigten Lebens, bei dem die persönlichen Gedanken und Gefühle an den Rand gedrängt werden. Die Zeit des Schlafs ist zur leeren Zeit geworden, meint Crary, sie gilt als unproduktiv und unverwertbar. Dabei ist es gerade diese leere Zeit, die besonders kostbar ist, wie etwa auch der Müßiggang. Den Nutzen dieser vermeintlich vertanen Zeit gilt es wieder ins Bewusstsein zu rufen.
Gestaltung: Peter Zimmermann

Service

Aus: Jonathan Crary - "24/7. Schlaflos im Spätkapitalismus", übersetzt von Thomas Laugstien. Wagenbach Verlag

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