Rembert Schleicher über Maximilian Kolbe

11. August 2021, 06:56

Oft habe ich mich gefragt, was es Pater Kolbe möglich machte, sein Leben gegen das Leben eines Mithäftlings einzutauschen. Ich glaube, es war ein unerschütterliches Gottvertrauen und eine kindliche Hingabe an die Muttergottes.

Das alles scheint mir bei ihm durchaus theologisch reflektiert zu sein. Es handelt sich hier um einen Glauben mit Herz und Verstand, wie er einem auch bei anderen Glaubenszeugen im Dritten Reich begegnet, etwa bei der Philosophin Edith Stein oder beim jüdischen Arzt und Pädagogen Janusz Korczak. Auch das Sterben des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer oder des oberösterreichischen Mesners Franz Jägerstätter geben ein beredtes Zeugnis davon.

Pater Maximilian Kolbes Sterben in Auschwitz ist in meinen Augen nicht nur ein Glaubenszeugnis, sondern, mehr noch ein Lebens- und Liebeszeugnis. Er hat damit unter Beweis gestellt, dass das Leben einen Sinn hat. Viele in Auschwitz haben das Lager als "Anus Mundi" erlebt, als "Arsch der Welt", wie es der Überlebende Wies?aw Kielar in seinem gleichnamigen Buch genannt hat. Franciszek Gajowniczek, an dessen Stelle Pater Kolbe in den Tod gegangen ist, hat aber auch erlebt, dass es eine Antwort auf die Absurdität dieses Todeslagers gibt.

Es schien ihm wie den meisten Mithäftlingen, das Leben habe keinen Sinn. Und dann ist plötzlich einer da, der ihm zeigt, dass das Leben sehr wohl einen Sinn hat. Nach dem Krieg erzählte er immer wieder davon und seine Frau sagte nach seinem Tod im Jahr 1995, er habe stets eine Gegenwart Pater Kolbes wahrgenommen und sei nun zu ihm gegangen. Nelly Sachs hat das Dilemma des Überlebens von Auschwitz in ihrem Gedicht "Chor der Geretteten" thematisiert: "Wir Geretteten bitten euch: Zeigt uns langsam eure Sonne. Führt uns von Stern zu Stern im Schritt. Lasst uns das Leben leise wieder lernen."

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• Alexandra Mantler