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Gedanken für den Tag
Rainer Bucher über das Gewaltpotential der Religionen
"Religion - Chancen und Risiken". Gedanken von Rainer Bucher, katholischer Theologe und Leiter des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie der Universität Graz, 20 Jahre nach 9/11
7. September 2021, 06:56
Der Religionsbegriff ist nicht so alt wie das Phänomen, das er beschreibt. Es gibt ihn in unserer heute üblichen Verwendung erst seit der Aufklärung, also seit der Kritik der Religion. Seither versucht man das Phänomen Religion näher zu fassen. Ganz gelingt es bis heute nicht.
Man kann dabei drei große Herangehensweisen unterscheiden: Einerseits kann man das Wesen der Religion im Bezug zu etwas Heiligem, etwas Absoluten bestimmen, man kann, nüchterner, Religion aber auch von dem her definieren, was sie leistet etwa Weltorientierung, Bewältigung der Unwegbarkeiten des Lebens oder Handlungsnormierung, oder - noch nüchterner - man kann schlicht das als "Religion" nehmen, was in einer Gesellschaft als Religion kommuniziert wird.
Am plausibelsten war für mich immer der Religionsbegriff, wie ihn der amerikanische Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead bereits 1926 entwickelt hat. Religion, so Whitehead, "ist das, was das Individuum aus seinem eigenen Solitärsein macht." Solitärsein meint die Einsicht in das Einzig-Sein, in das Auf-sich-gestellt-Sein, das Mit-sich-zuletzt-Alleinsein. Diese Einsicht in die unüberwindbare Trennung von allem anderen, was ist, erschreckt und fasziniert. Aus ihr entspringt, so Whitehead, Religion. "Religion ist also Solitärsein; und wer niemals solitär ist, der ist niemals religiös." Dieses Solitärsein aber macht es notwendig, ein Gesamtverhältnis zu allem, was ist, aufzubauen und zu bestimmen. Religion tut genau dies.
Wie aber leistet dies Religion? Vor allem durch eine spezifische Operation: Religion hebt Orte, Geschehnisse, Erzählungen aus dem Gesamtzusam-menhang der Welterfahrung heraus und markiert sie als singuläre, für alles andere bedeutsame Orte.
Welche Orte, Geschehnisse und Erzählungen man da wählt und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, das ist die entscheidende Frage. Sie wird auch innerhalb der gleichen Religion oft sehr unterschiedlich beantwortet.
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Sendereihe
Gestaltung
Übersicht
Playlist
Komponist/Komponistin: Kyrre Kvam
Gesamttitel: ALTES GELD
Titel: Altes Geld - Chloroform
Ausführende: Kyrre Kvam
Länge: 03:35 min
Label: ORF-Enterprise Musikverlag
