Wachturm im US-Gefängnis in Guantanamo

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Das Leben nach Guantanamo

Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Vier Uiguren flüchten im September 2001 vor den Repressionen aus China nach Afghanistan. Vom Terroranschlag auf das World Trade Center wissen sie nichts. Doch dieser sollte auch für ihr Leben fatale Folgen haben - bis heute, wie sie Christian Lerch erzählen. "Verkauft. Wie Ayub, Akhdar, Ahmed und Abu Bakr im Gefangenenlager Guantánamo Bay landeten." WH ORF/WDR/SWR 2009

Im September 2001 erreichten vier Uiguren ein Bergdorf nahe der afghanischen Stadt Jalalabad. Die muslimischen Männer waren aus der westchinesischen Provinz Xinjiang vor politisch-religiösen Repressionen durch die chinesische Regierung geflohen.

Von 9/11, dem Terroranschlag auf das World Trade Center und das Pentagon, tausende Kilometer entfernt, und vom Beginn des sogenannten "Krieges gegen den Terror" wussten die jungen Männer nichts. Bis zu jenem Tag, als Bomben auf das Bergdorf fielen. Die Invasion Afghanistans durch US-geführte Alliiertentruppen zwang die Gruppe zur Flucht in das Grenzgebiet zu Pakistan, wo sie von Dorfbewohnern gefangen genommen und als "enemy combatants" - als feindliche Kämpfer - an die US-Army verkauft wurden. 5.000 Dollar pro Kopf waren sie wert.

Die traumatische Odyssee von Ayub (18 Jahre), Akhdar (27), Ahmed (28) und Abu Bakr (32) sollte mit diesem Handel erst beginnen: monatelang verbrachten sie in engen Containern des Kriegsgefangenenlagers Kandahar, vier Jahre lang in Käfigen im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba, bis sie 2006 von einem Militärtribunal freigesprochen und schließlich nach Albanien ausgeflogen wurden. Eine Rückkehr nach China, in ihr Geburtsland, war undenkbar. Wegen ihrer Flucht und des Terrorverdachtes hätten sie dort lange Haftstrafen oder noch schlimmeres erwartet. Ihre Familien und den Kontakt zu ihnen mussten sie aufgeben. Ohne Pass, Staatsangehörigkeit und Arbeitserlaubnis, verdingen sich die vier Uiguren bis heute durch kleine Nebenjobs ihr Leben in der Hauptstadt Tirana.

Dass US-Präsident Joe Biden eine Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo Bay bis zum Ende seiner Amtszeit angekündigt hat, spielt für die Vier kaum eine Rolle. "They've killed my future and didn't say any sorry", sagt der mittlerweile 32jährige Ayub und beschreibt damit das Gefühl, von der ganzen Welt um seine Zukunft betrogen worden zu sein.

Redaktion: Eva Roither
Ton: Martin Leitner

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