APA/AFP/VINCENZO PINTO
Gedanken für den Tag
Jan-Heiner Tück über Dante Alighieri
"Von der Hölle durch das Purgatorium ins Paradies". Anlässlich des 700. Todestages der italienischen Dichterikone, Gedanken von Jan-Heiner Tück, Professor für Dogmatik an der Universität Wien
14. September 2021, 06:56
"Lasst fahren alle Hoffnung, die ihr hier eintretet", steht in Dantes Commedia über dem Tor zur Hölle. Hier regiert das Prinzip der Gerechtigkeit. Nichts was geschieht, bleibt ungesühnt. Die Täter werden nicht auf Dauer über ihre Opfer triumphieren. Auch Mitläufer und Zuschauer kommen nicht billig davon. Dante bejaht jedenfalls den Glauben, dass schwere Sünder verdammt werden. Für ihn gibt es eine Übereinstimmung zwischen der Art der Sünde und der Art der Bestrafung. Dieses Prinzip des contrapasso steht im Hintergrund, wenn Dante für menschliche Laster ausgeklügelte eschatologische Strafen erfindet. Wollüstige und Völler, Geizige und Neider, Betrüger und Fälscher, sie alle finden ihre Strafe. Dabei scheut Dante nicht davor zurück, missliebige Zeitgenossen, persönliche Gegner, ja selbst Päpste in die Hölle zu schicken.
Er nimmt hier eine erstaunliche Urteilskompetenz in Anspruch. Den greisen Papst Cölestin V., der wegen Überforderung freiwillig zurücktrat, verwirft er wegen "feiger Flucht", aber auch Päpste wie Bonifaz VIII. und Clemens V., die durch politische Intrigen und Ämterschacher das Evangelium auf den Kopf gestellt haben, werden verurteilt. Sie werden durch Feuerflammen an den Fußsohlen gequält. Dadurch macht Dante sie symbolträchtig zum Gegenbild der zwölf Apostel, auf deren Häupter sich die Feuerzungen des Heiligen Geistes niederließen. Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff hat hier treffend von einer "Verkehrung des Pfingstwunders" gesprochen.
Dante hat an einigen Stellen der Commedia aber auch Mitleid mit den Verdammten, was sofort den Tadel seines Begleiters Vergil hervorruft: "Wer ist ruchloser als der, den bei Gottes Richterspruch Mitleid überkommt?" Das Mitleid mit den Verdammten steht in Widerspruch zu Gottes Gerechtigkeit - aber es trägt einen leisen Riss in das System der Hölle ein. Sollte es am Ende doch noch Hoffnung für die hoffnungslosen Fälle geben?
Service
Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes
Sendereihe
Gestaltung
Übersicht
Playlist
Komponist/Komponistin: Zoltán Kodály/1882-1967
Album: KODÁLY: STREICHQUARTETTE - Dante Quartet
Titel: Gavotte für Streichquartett
Ausführende: Dante Quartet
Ausführender/Ausführende: Krysia Osostowicz /Violine
Ausführender/Ausführende: Giles Francis /Violine
Ausführender/Ausführende: Rachel Roberts /Viola
Ausführender/Ausführende: Richard Jenkinson /Violoncello
Länge: 02:19 min
Label: Hyperion CDA67999