
APA/GEORG HOCHMUTH
Punkt eins
Misstrauen in den Staat
Über (fehlendes) Vertrauen in die Politik und öffentliche Einrichtungen.
Gäste: Univ.-Prof. Dr. Sylvia Kritzinger, Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, Co-Projektleiterin der Austrian National Election Study und der Europäischen Wertestudie EVS & Univ.-Prof. Dr. Bernhard Kittel, stv. Institutsvorstand des Instituts für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien, beide auch im Forschungsteam des Austrian Corona Panel Project.
Moderation: Johann Kneihs.
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5. Oktober 2021, 13:00
Sinkt das Vertrauen in die herkömmliche Politik, den Staat und seine Institutionen? Manches könnte man als Zeichen dafür interpretieren: etwa den jüngsten Wahlerfolg von Parteien außerhalb des etablierten Spektrums als Zeichen für Misstrauen in die Lösungskompetenz in Bereichen wie Corona- oder Sozialpolitik. Oder, dass noch nie so viele Kinder von der Schule abgemeldet wurden wie zuletzt - und die auf niedrigem Niveau stagnierende Impfquote, entgegen behördlichen Empfehlungen.
Die Politikwissenschaftlerin Sylvia Kritzinger plädiert dafür, die Bereiche auseinanderzuhalten: Unzufriedenheit mit der Arbeit politischer Parteien muss nicht Zweifel am politischen System bedeuten. In Österreich herrscht stabil hohes Vertrauen in die Regierungsform Demokratie und zunehmendes Vertrauen in Institutionen wie das Rechts-, das Bildungs- und das Gesundheitssystem, die Sozialversicherung, Polizei und Bundesheer, das zeigte die Europäische Wertestudie (European Value Study) zuletzt im Jahr 2018.
Andererseits färben politische Krisen doch auf die Einstellung zu staatlichen Einrichtungen und zum politischen System ab. Wie haben die Pandemie und das Vorgehen dagegen das Misstrauen in den Staat beeinflusst? Warum zeigen, im Kontrast zu Österreich, etwa in Nordeuropa 80, 90 und mehr Prozent der Bevölkerung Vertrauen, indem sie sich gegen Covid-19 impfen lassen?
Der Wirtschaftssoziologe Bernhard Kittel sieht das Vertrauen in den Staat in einer über Jahrhunderte gewachsenen politischen Kultur verankert und ortet ein "Gefälle" in Europa: von einer selbstbewussten Bürger:innen-Kultur im Nordwesten, die den Staat als Einrichtung von ihr und für sie betrachtet, hin zu einer Haltung, die von Abhängigkeit, Unterwerfung und daraus resultierender Staatsfeindlichkeit geprägt ist - im Südosten des Kontinents, mit Österreich in der Mitte.
Johann Kneihs spricht mit beiden Fachleuten - und mit Ihnen: Wie bildet sich Vertrauen in den Staat und seine Institutionen? Welche Rolle spielen Bildung, aber auch Erfahrungen in Schule und Ausbildung - oder die Möglichkeit zum Mitbestimmen und Mitgestalten in der Gesellschaft, etwa am Arbeitsplatz? Wie steht es um Ihr Vertrauen in öffentliche Einrichtungen?
Die Redaktion freut sich über Ihre Beiträge zum Thema unter der Telefonnummer 0800 22 69 79 während der Sendung, oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at
Service
Buch:
Julian Aichholzer, Christian Friesl, Sanja Hajdinjak, Sylvia Kritzinger (Hg.): Quo vadis, Österreich? Wertewandel zwischen 1990 und 2018. Czernin Verlag 2019
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Urheber/Urheberin: Bobo Stenson
Titel: Canción Contra La Indecisión
Ausführender/Ausführende: Bobo Stenson Trio
Länge: 04:08 min
Label: ECM
Urheber/Urheberin: Lars Danielsson
Titel: Stilla Storm
Ausführender/Ausführende: Lars Danielsson & Paolo Fresu
Länge: 02:53 min
Label: ACT
Urheber/Urheberin: Bobo Stenson
Titel: Golden Rain
Ausführender/Ausführende: Bobo Stenson Trio
Länge: 05:11 min
Label: ECM