Margit Hauft

APA/HERBERT PFARRHOFER

Zwischenruf

Margit Hauft über den Begriff "Heimat"

Von Margit Hauft, ehemalige Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung

In letzter Zeit drängt sich uns ein fast vergessen geglaubter Begriff optisch und akustisch permanent auf: Heimat. Sind es die eigenen vier Wände? Ist es unser Geburts- oder Wohnort, ist es das Bundesland, ist es Österreich? Oder sind es gar nicht Orte, die uns Heimat geben? Menschen vielleicht, Gesprächsthemen, die uns herausfordern, auf neue Gedanken bringen. Erlebnisse, gemeinsame Interessen oder Erfolge. Geteilte Freude, geteiltes Leid?

Welche Auswirkungen haben Veränderungen? Wirken sie belebend auf das Heimatgefühl oder wirken sie verunsichernd, wenn es nicht mehr so ist wie früher? Auch und gerade die gegenwärtige Politik ist voller Fragen, geboren aus der Frage, wo jemand zuhause ist. In der Heimatfrage schwingt die Frage nach Identität mit.

Heimat ist auch ein sehr emotionaler Begriff, was jedes Mal dann deutlich wird, wenn in der politischen Diskussion von Angst vor "Überfremdung" oder dem "Ausverkauf der Heimat" die Rede ist. Heimat hat also eine sehr vielschichtige Bedeutung, die über das Geographische und Nationale weit hinaus geht und ebenso eine spirituelle Dimension aufweist.

Zwei Aspekte möchte ich ansprechen: Heimat ist, wo ich meinen persönlichen Lebensraum habe. Lebensraum, was steckt doch in diesem Wort alles drinnen: Da gibt es die gesetzlichen Regelungen und Empfehlungen, wie viele Quadratmeter pro Person zur Verfügung sein sollen, viel wichtiger als dieser messbare Platz ist wohl die Frage, welcher Raum mir als Persönlichkeit zur Verfügung steht, als Mensch mit dem Bedürfnis nach Gestaltung, nach spürbar werden.

Das Gestalten des persönlichen Lebensraums geht auch weit über Wohnkultur hinaus, es ist vielmehr das Legen verschiedenster Spuren. Meine Art zu arbeiten, mich zu engagieren, andere mehr oder weniger mit einzubinden, meine Sprache und mein Schweigen, mein Zorn und mein Lachen, ob ich mich einmische oder heraushalte, all das macht mich "anwesend", meinen persönlichen Lebensraum heimatlich, hoffentlich nicht nur für mich.

Heimat ist, wo trotz aller Verschiedenheit ein zueinander finden möglich ist. Diese Facette des Heimatbegriffes will deutlich machen, dass es nicht darauf ankommen kann, Verschiedenheit tunlichst zu vermeiden, sozusagen "unter uns" zu bleiben, sondern sich darauf einzulassen, aufeinander zuzugehen und letztlich zueinander zu finden.

Gerade in letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die das Anderssein, sei es im Aussehen, in der Sprache oder aber im religiösen Sinn, als bedrohlich und gefährlich für Österreich als Heimatland hinstellen. Die das Einmauern propagieren, plötzlich Hüter und Hüterinnen von Traditionen sind, die sie, bei genauerer Nachfrage, oft nicht einmal definieren können. Krampfhaft wird versucht, typisch Österreichisches aufzuzählen, ohne daran zu denken, dass es gerade das Zusammenleben in Verschiedenheit ist, das Österreich seit Jahrhunderten kennzeichnet!

Was macht uns Angst an fremden Sitten und Bräuchen? Was glauben wir, verteidigen zu müssen? Zueinanderfinden trotz Verschiedenheit braucht gleichermaßen ein selbstbewusstes Leben der eigenen Traditionen, wie einen respektvollen Umgang mit den Bräuchen anderer. Sich darauf einzulassen braucht immer wieder Verständnis von allen Seiten und ist manchmal sogar ziemlich abenteuerlich, aber wie sagt ein Spruch: "Das größte Abenteuer unseres Lebens ist nicht die Fremde sondern die Heimat."

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Huber
Gesamttitel: Leib & Seel - BROADLAHN
Titel: Leib & Seel
Ausführende: BROADLAHN
Länge: 04:50 min
Label: BMG Ariola 74321169032

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