Elisabeth Lukas - Psychotherapeutin

28. November 2021, 09:05

Elisabeth Lukas ist eine der renommiertesten Psychotherapeutinnen Österreichs. Wie ihr Lehrer Viktor Frankl ist die 79-Jährige davon überzeugt, dass das Leben unvermeidlich Gutes und Schlechtes, Lustvolles und Schmerzhaftes, Helles und Dunkles für den Menschen bereithält. In einer Haltung des "tragischen Optimismus" gelte es, die unerfreulichen Seiten des Daseins auszuhalten und sich dennoch, so gut es geht, um einen aktiven, schöpferischen und anderen Menschen zugewandten Lebensvollzug zu bemühen. "Zufriedenheit und Glück", formuliert Elisabeth Lukas, "kann man nicht vorsätzlich produzieren; diese Gefühle stellen sich ein, wenn man etwas, das man als sinnvoll erkannt hat und das einem Freude bereitet, praktiziert und auslebt - dann kommen Glücksgefühle sozusagen als Nebeneffekt dazu."

Zu einem gelungenen Leben, davon ist die Psychotherapeutin überzeugt, gehören unerlässlich auch Empathiefähigkeit und das Erleben von Liebe: "Da gibt es viele Missverständnisse. Viele verstehen unter Liebe vor allem: geliebt zu werden. Sie erhoffen sich von einer Liebesbeziehung, dass sie von ihrem Visavis Zuwendung und Anerkennung zu bekommen. Aber das hat mit Liebe genau genommen nichts zu tun. Liebe bezieht sich immer auf ein Du. Wenn jemand wirklich liebt, dann möchte er, dass es seinem Gegenüber gut geht. Und er möchte, dass sich der Andere gut entwickeln kann. Aus diesem Grund ist der Liebe jede Art von Besitzgier fremd. Es darf nicht darum gehen, dass man den anderen ,haben' möchte; es sollte eigentlich vor allem darum gehen, dass sich der Andere gut entwickeln kann."

Ganz grundsätzlich bricht Elisabeth Lukas eine Lanze für einen guten Umgang mit Emotionen: "Gefühle vergolden das Leben. Sie machen das Leben reicher. Auch, wenn manche Emotionen bedrängend oder traurig sind, muss man doch sagen: Ein Leben voller Gefühle ist unvergleichlich viel besser als ein Leben in Gefühlskälte oder Gefühlsarmut."

Älteren Menschen empfiehlt die Psychotherapeutin einen trotz aller Misshelligkeiten zuversichtlichen Blick in die Zukunft: "Das Wichtigste ist, dass man im Alter keine falsche Lebensbilanz zieht. Das kommt nämlich vor. Jemand schaut auf sein Leben zurück und sagt: ,Na, was hab ich schon groß gehabt? Mein Leben war vor allem Mühe und Plage und Arbeit. Dann schaut der Mensch nach vorne und sagt sich: ,Was habe ich vom Leben schon noch groß zu erwarten? Im Grunde nur mehr: alt werden, krank werden, sterben. So sollte man das nicht machen. Man kann seine Bilanz auch auf andere Art ziehen und sich sagen: ,Was habe ich in meinem Leben nicht schon alles bewirkt? Was ist mir nicht alles geglückt und gelungen? Und wenn man dann nach vorne blickt. kann man sagen. Vielleicht wartet doch noch die eine oder andere Aufgabe auf mich. Und auf die freu ich mich."

Gestaltung: Günter Kaindlstorfer / Redaktion: Ursula Burkert

Service

Elisabeth Lukas, "Wolken vor der Sonne - Was bei Depressionen hilft", Verlag Butzon & Bercker

Elisabeth Lukas und Elisabeth Gur, "Trotzdem ja zum Altsein sagen", Plattform-Verlag

Elisabeth Lukas und Reinardt Wurzel, "Pandemie und Psyche - Wege zur Stärkung der seelischen Immunität", Verlag Neue Stadt

Sendereihe

• Gedanken

Gestaltung

• Günter Kaindlstorfer