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Medizin und Gesundheit
Volksleiden Kopfschmerzen
Nur wenige werden ausreichend behandelt
2. Dezember 2021, 16:05
Die aktuelle Lage bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen, manche haben die Angst im Nacken sitzen und einige würden am liebsten nur noch den Kopf in den Sand stecken. All diese Redensarten machen bewusst, wie eng unsere Emotionen mit dem Kopf verbunden sind. Psychische Belastungen führen zu Verspannungen, diese wiederum lösen häufig Kopfschmerzen aus. Stressige Situationen können aber auch Trigger-Faktoren für extrem beeinträchtigende Migräneanfälle sein. Auch bei der seltenen Form des Cluster-Kopfschmerzes spielt die Psyche eine wesentliche Rolle.
Kopfschmerzen sind keine Unpässlichkeit
Das Problem dabei: Die Ursachen sind von außen nicht wahrnehmbar, weder Bluttests noch bildgebende Verfahren lassen sich zur Diagnose heranziehen. So werden nach wie vor viele Betroffene vom Umfeld und den Arbeitgebern nicht ernst genommen. Andere sehen sich in der Bringschuld, "Beweise" für ihre Kopfschmerzen liefern zu müssen. Das kennt auch die Migränepatientin Birgit Fechtig aus eigener Erfahrung. Sie wird seit Jahrzehnten von Kopfschmerzen geplagt. Ihr ist es daher ein großes Anliegen, sich in der "Selbsthilfegruppe Kopfweh" in Oberösterreich zu engagieren.
Auch einige Kinder betroffen
Von den rund 200 Kopfschmerzformen macht, neben dem Spannungskopfschmerz, die Migräne den Großteil der Fälle aus. Etwa jede zehnte Person in Österreich leidet darunter, auch Kinder und Jugendliche sind zunehmend betroffen. Die Kleinsten können ihre Beschwerden aber noch nicht in Worte fassen, daher ist es besonders wichtig, Verhaltensveränderungen, wie zum Beispiel sozialen Rückzug, ernst zu nehmen und die Ursache dafür abklären zu lassen. Beispielsweise in der Kinderambulanz mit neuropädiatrischem Schwerpunkt des Gesundheitszentrums Favoriten. Sie ist eine der wenigen Ambulanzen in Österreich, die sich speziell den jungen Kopfschmerzpatienten widmen. Dr. Ali-Akbar Asisi, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde mit Sonderfach Neuropädiatrie, beobachtet dort einen vermehrten Zulauf an Eltern, die Hilfe für ihre Sprösslinge suchen. Das Betreuungsangebot für Kinder mit Kopfschmerzen ist in Österreich seit jeher ein Desaster.
Gefährliche Selbstbehandlung weit verbreitet
Nur wenige von Kopfschmerzen betroffene Erwachsene wenden sich an Neurologen oder spezialisierte Zentren. Es ist kaum zu glauben: Fast 50 Prozent der Personen mit Migräne, suchen keinen Arzt auf! Und nur sechs Prozent nehmen wirksame, spezifische Migräne-Medikamente wie die Triptane ein.
Die meisten behelfen sich mit Kopfschmerztabletten, die rezeptfrei erhältlich sind, und begeben sich auf Dauer damit in eine gefährliche Abwärtsspirale. Denn auch die Medikamente selbst können nach längerer Anwendungsdauer Kopfschmerzen auslösen.
Neue Strategie mit monoklonalen Antikörpern
Dabei gäbe es, so Univ.-Prof. Dr. Christian Wöber, Leiter der Kopfschmerzambulanz im Wiener AKH, eine ganze Reihe guter Therapiemöglichkeiten. Seit wenigen Jahren halten auch die Biologika Einzug in die Behandlung von Migräne. Diese Substanzgruppe wird seit vielen Jahren in der Therapie von Rheuma, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Krebs, usw. eingesetzt. Seit kurzem sind die ersten monoklonalen Antikörper für episodische und chronische Migräne zugelassen. Diese Medikamente blockieren die körpereigne Substanz CGRP (Calcitonin-Gene-Related-Peptide), welche die Blutgefäße im Gehirn erweitert. Eine Therapie, die allerdings nur für etwa die Hälfte der Migränebetroffenen geeignet ist und mehrere tausend Euro pro Jahr kostet.
Vielfältige Therapiemöglichkeiten vorhanden
In vielen Fällen versprechen jedoch auch nichtmedikamentöse Behandlungen Linderung - von Entspannungstechniken und komplementärmedizinischen Methoden über die manuelle Medizin und Osteopathie bis hin zu psychotherapeutischen Ansätzen.
Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos
Sendungsvorbereitung: Lydia Sprinzl, MA.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich
Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.
Sind Sie von Kopfschmerzen betroffen?
Waren Sie bei einem Spezialisten? Welche Diagnose haben Sie erhalten?
Welche Therapiemöglichkeiten haben Sie schon ausprobiert?
Wurde bei Ihnen schon eine Behandlung mit den neuen Biologika durchgeführt?
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Nehmen Sie frei erhältliche Schmerzmittel ein?
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Service
Studiogast im Funkhaus Wien:
Univ.-Prof. Dr. Christian Wöber
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Leiter der Kopfschmerz-Ambulanz der Universitätsklinik für Neurologie
AKH Wien, Leitstelle 6A
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.: +43/1/40400/34410
E-Mail
Homepage
Am Telefon:
Dr. Ali-Akbar Asisi
Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde mit Sonderfach Neuropädiatrie
Kinderambulanz mit neuropädiatrischem Schwerpunkt im Gesundheitszentrum Favoriten der Österreichischen Gesundheitskasse
Wienerbergstr. 13
A-1100 Wien
Tel: +43 50766 114125
E-Mail
Homepage
Birgit Fechtig
Migränepatientin
Selbsthilfegruppe Kopfweh Österreich, Ansprechpartnerin Treffen Linz
E-Mail
Homepage
Anlaufstellen und Info-Links:
Österreichische Kopfschmerz Gesellschaft ÖKSG: Übersicht Kopfschmerz-Zentren
Kinder-Kopfschmerzambulanz Klinik Favoriten (Abteilung der Kinder- und Jugendheilkunde)
Kinder-Kopfschmerzambulanz Klinik Ottakring (Abteilung der Kinder- und Jugendheilkunde)
Kinderambulanz mit neuropädiatrischem Schwerpunkt im Gesundheitszentrum Favoriten der Österreichischen Gesundheitskasse
Kinder-Kopfschmerzambulanz Barmherzige Schwestern Linz (Abteilung der Kinder- und Jugendheilkunde)
Broschüre ÖGK Kopfschmerzen bei Kindern
Kopfschmerz-Tagebuch für Kinder zum Ausdrucken
Minimed Studium: Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen
Schmerzklinik Kiel: Interview mit Prof. Göbel: Migräne bei Kindern inkl. Video
Gesundheit.gv.at: Kopfschmerzen Diagnose und Therapie
Deine Apotheke: Noch Kopfschmerzen oder schon Migräne?
Minimed Studium: Vortrag von Dr. Sonja Maria Tesar über Migräne
Spektrum.de: Mit Antikörpern raus aus dem Teufelskreis