Musik. Markt. Medien

3. Dezember 2021, 10:05

Eine kleine Musikgeschichte der Inklusion -
Alljährlich findet seit 1993 am 3. Dezember der Tag der Menschen mit Behinderung (auch Internationaler Tag der Behinderten bzw. engl. International Day of Persons with Disabilities) statt mit dem Ziel, für Probleme von Menschen mit Behinderung oder wie das neueste Wording sagt, der Menschen mit Beeinträchtigung in der Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
Es gibt auch eine Flagge in den Farben Gold, Silber und Bronze als Zeichen der Bemühungen der Überwindung der Behinderung.

Erfunden - und das ist bedeutend - ist der Tag 2017 worden, von Eros Recio, dem erste professionellen Tänzer mit Down-Syndrom. Auch wenn es nicht so genannt wurde , die Musikgeschichte war immer eine Erfolgsgeschichte der Inklusion. Der mit vier Jahren an Kinderlähmung erkrankte Itzak Perlman wurde mit John Williams´ Musik zu Schindlers Liste weltweit bekannt. Blinde und taube Musikschaffende, gelähmt oder all jene, denen ein Arm fehlte - sie alle spielten und spielen führende Rollen in der Musikszene. Da ist Felix Klieser. Obwohl ohne Arme geboren, lernte er, die Ventile des Horns mit den Zehen des linken Fußes zu bedienen. Vor dem Wiener Konzerthaus steht eine Büste eines Mannes, dessen blinde Augen zum Himmel schauen. Es ist Josef Labor, der vom ebenfalls blinden König Georg von Hannover, gefördert wurde.Seine großen Förderer in Wien waren die Wittgenstein, Hermine Wittgenstein, Schwester von Ludwig und Paul, spendete ihm ein Harmonium, das so groß war, dass er in eine größere Wohnung umziehen musste. Labor selbst lernte alle Stücke durch Nachspielen, seine Schwester spielte ihm die schwierigsten Klavierkompositionen vor, die er dann im Musikverein aufführte ... warum die Schwester dann nichts selbst auftrat...

Kriege sind die Ursache für viele Beeinrträchtigungen - nach Kriegen ist das Musikleben fast wie selbstverständlich inklusiv. Nicht der einzige aber der bedeutendste Musikschaffende, der ein Klavieroeuvre in Auftrag gab, für sich und seine linke Hand, ist Paul Wittgenstein. Jene, die ihn hörten und nicht hinschauten, vergaßen an seine Beeinträchtigung zu denken.

Elsa Bienenfeld hat in der Wiener medizinischen Wochenschrift über die Taubheit bei Tondichtern geschrieben: nicht nur Beethoiven, auch Robert Franz oder Smetana. Johann Mattheson, der der mit 24 Jahren taub wurde, nennt sie einen bösen Witz der Kulturgeschichte. Musik hören war für die taub-blinde Helen Keller, die 1916 in der Carnegie Hall eine flammende pazifistische Rede hielt, Musik begreifen: mit den Fingern durfte sie die Wirbel der Geige von Jasha Heifetz berühren und die Lippen Enrico Carusos in Privatkonzerten abtasten.

Mehr als die Widmungsträgerin des Notenbüchleins - Eberhard Spree porträtiert "die Frau Capellmeisterin"- eine Buchrezension von Monika Mertl anlässlich des 300. Jahrestages der Verehelichung von Anna Magdalena Bach mit Johann Sebastian Bach.

Service

Buchtipp:
Eberhard Spree: Die Frau Capellmeisterin Anna Magdalena Bach.
Kamprad Verlag Leipzig 2021.

Eva Taudes: "Wien wird so unerträglich kleinstädtisch." Elsa Bienenfeld ( 1877-1942), Werdegang und Wirken im kulturellen Wien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wien praesens Verlag 2018.

Helen Keller: Verweigert den Kreig. Dvd und Buchpublikation, herausgegeben von Arbos 2013.
www.arbos.at

Sendereihe

• Intrada

Gestaltung

• Irene Suchy