Hubert Gaisbauer

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Gedanken für den Tag

"Trutznachtigall - Gedanken über Friedrich Spee von Langenfeld" von Hubert Gaisbauer, Autor und Kulturpublizist

"Wenn ich ein leerstehendes Häuschen habe, das ich nicht brauche, warum lasse ich dann nicht einen armen Menschen umsonst darin wohnen?" Das ist eine von hundertvierundvierzig Anregungen, die Friedrich Spee, der Jesuit, Dichter und Menschenfreund, an den Schluss seines "Güldenen Tugendbuches" stellt.

Diesen Leitfaden für ein frommes Leben hat er als geistlicher Begleiter der Kölner Devotessen verfasst, das waren fromme und sozial engagierte Frauen und Witwen. Jeden Samstag wollte Spee den Damen ein Blatt mit einer geistlichen Übung für die kommende Woche überreichen. Der Vorsteherin der Gruppe schreibt er: "Wenn ein Jahr um sein wird, wirst du der Zettel ziemlich viele haben, und so hast du dann ein Guldenes Tugendbuch, einen feinen Schatz für dein ganzes Leben, für dich und für andere".

Gottfried Wilhelm Leibniz, Universalgelehrter, Mathematiker und wichtiger Vordenker der Aufklärung - übrigens ein Protestant - preist lange nach Spees Tod das Werk in höchsten Tönen: Es sei nicht auf Furcht, sondern einzig und allein auf die Schönheit und Vollkommenheit Gottes gegründet. "Ich wünschte es in den Händen aller Christen", so Leibniz.

Dass man das "Güldene Tugendbuch" in einer guten Ausgabe auch heute mit Gewinn und geistlichem Vergnügen lesen kann, hat auch mit der frommen Ironie Spees zu tun, mit seiner dialogischen Dramaturgie und mit der spürbar ehrlichen Heiterkeit und - nicht zuletzt - mit seiner Liebe zur Poesie.

Als sinnliche Einstimmung zum Beispiel auf den Kommunionempfang empfiehlt er folgende Übung: "Schließe die Augen und stell dir in Gedanken vor, du siehst eine sehr schöne, hell scheinende Sonne. Schau wie sie ihre goldenen Strahlen über den ganzen Erdkreis ausgießt, sodass alle Welt, Menschen und Vieh, Berg und Tal, Dörfer und Städte, Meer und Erde überall beschienen werde."

Des Weiteren solle man sich vorstellen, wie die Erde vor Trockenheit zerrissen ist und sich nach Regen sehnt, und wie dann ein herrlicher sanfter Regen vom Himmel fällt und die Erde erquickt. "Und bitte, dass doch alle trockenen und ausgedörrten Herzen der Menschenkinder bis auf den Grund benetzt und befeuchtet werden."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: John Dowland 1810-1881
Bearbeiter/Bearbeiterin: David Warin Solomons
Album: Hallgató; Schostakowitsch, Barber u.a. / Keller Quartett, F.Snétberger
Titel: I saw my lady weep - Bearbeitung für Gitarre und Streichquartett
Solist/Solistin: Ferenc Snétberger
Ausführende: Keller Quartett
Ausführender/Ausführende: András Keller
Ausführender/Ausführende: Zsófia Környei
Ausführender/Ausführende: Gábor Homoki
Ausführender/Ausführende: László Fenyö
Länge: 03:01 min
Label: ECM Records 2653/3519395

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