Gloria in excelsis musicae

18. Dezember 2021, 13:00

Glenn Gould spielt fragil Intimes, das Huelgas Ensemble singt majestätisch Raumfüllendes. Mit Musik von Orlando Gibbons, William Byrd, Thomas Tallis, Johannes Ockeghem und Alessandro Striggio.

Le week-end öffnet in dieser Ausgabe Klangräume, wie sie vor einem halben Jahrtausend in England und in Italien erdacht wurden. Klangräume für Kirchenschiffe, für lichtdurchflutete, prachtvolle Kathedralen. Und so wie sich das Licht in Farben spaltet durch die vielen bunten Kirchenfenster hunderte Szenen in Fresken an Wänden und in Kuppeln in strahlendem Glanz erscheinen lässt, so spielt der italienische Komponist Allessandro Striggio mit 40 Stimmen. Sie geleiten uns - wie es am Ende der Motette heißt "recta in paradisum" - geradewegs ins Paradies.

Zu jener Zeit, als die Originalklangensembles langsam Fuß zu fassen begannen, zu Beginn der 1970er Jahre, spielt Glenn Gould Musik ein, die ursprünglich für Instrumente wie Virginal und Spinett geschrieben worden war. Natürlich spielt Gould am Flügel und in glasklarer Transparenz und abgeklärter Virtuosität. Und er schreibt einen wunderbar vertrackt musikwissenschaftlichen Plattentext über die historische Bedeutung einzelner Noten in den Stücken von Orlando Gibbons und William Byrd. Einmal allerdings gönnt er sich einen Jahrhunderte umspannenden Vergleich: "Gibbons plays the introspective Gustav Mahler to Byrd's more flamboyant Richard Strauss."

Wer geglaubt hat, dass die Lieblingsmusik des kanadischen Pianisten die von Johann Sebastian Bach war, also die Musik, mit der er seine vielleicht berühmtesten Aufnahmen gemacht hat, der irrt. Der lebensbegleitende Soundtrack von Glenn Gould stammt zu einem großen Teil vom englischen Renaissance-Komponisten Orlando Gibbons. "Seit meinen Teenagerjahren hat mich diese Musik tiefer bewegt als jedes andere Klangerlebnis, das mir einfällt", schrieb Glenn Gould über Orlando Gibbons.

Sendereihe

• Le week-end

Gestaltung

• Elke Tschaikner
• Christian Scheib