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Gedanken für den Tag
Eco über Horror und Verschwörung
Im Wald der Fiktionen - Umberto Eco zum 90. Geburtstag von Brigitte Schwens-Harrant, Literaturkritikerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche".
7. Jänner 2022, 06:56
So unterhaltsam manche Geschichte im Roman "Baudolino" war, so ernst wird es in Umberto Ecos Roman "Der Friedhof in Prag." Eco thematisiert darin am Beispiel der antisemitischen "Protokolle der Weisen von Zion" die entsetzlichen realen Auswirkungen, die Verschwörungsmythen haben können.
Umberto Eco, der Professor für Semiotik und Autor des Romans "Der Name der Rose", war zeitlebens den Mustern und Mechanismen von Verschwörungsmythen auf der Spur. Er interessierte sich für die "Techniken, mit denen die vermeintlichen Verschwörungen nachgewiesen und gerechtfertigt werden". Er stellte fest, dass dafür oft zufällige Koinzidenzen aufgegriffen werden, die dann mit Bedeutung aufgeladen werden, dass also Fakten miteinander kombiniert werden, "die nichts miteinander zu tun haben."
Selbst wenn offenkundig und belegt ist, woraus solche Mythen zusammengebaut sind, etwa aus Versatzstücken aus Romanen, wenn also für jeden vernünftigen Menschen sichtbar sein müsste, dass die aufgetischte Geschichte in den Bereich der Fiktionen gehört, selbst dann werden die unglaublichsten Geschichten trotzdem geglaubt: "die Evidenz der Fakten genügt nicht, wenn die Leute um jeden Preis einen Horrorroman haben wollen", das wusste Eco.
Das "Verschwörungssyndrom ist so alt wie die Welt", auch das wusste Eco und er warnte davor in seinen Romanen und als Kommentator und Vortragender. Für das Erdichten "bisweilen sogar weltumspannender Konspirationen, von denen es im Internet geradezu wimmelt" gelte dasselbe "wie für das Geheimnis, über das der Soziologe Georg Simmel geschrieben hat". Es wird "umso mächtiger und verlockender ., je leerer es ist. Ein leeres Geheimnis erhebt sich drohend und kann weder aufgedeckt noch widerlegt werden, und genau deshalb wird es zu einem Machtinstrument."
Service
Literatur:
Umberto Eco, Verschwörungen, Hanser 2021
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: James Horner geb.1953
Gesamttitel: DER NAME DER ROSE / Original Filmmusik
Titel: The confession
Leitung: James Horner
Orchester: Unbekannt
Länge: 03:10 min
Label: Teldec 2292443912