Rosenkränze mit dem Bild von Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger

APA/MICHAEL KAPPELER

Praxis - Religion und Gesellschaft

Vorwürfe gegen Ratzinger: "Schwere Last für ganze Kirche"

"Lügengebäude": Kritik an Joseph Ratzinger reißt nicht ab +++ "Not lehrt beten" - Stimmt das Sprichwort? +++ Religiöse Praxis im Angesicht der Vernichtung

1. "Lügengebäude": Kritik an Joseph Ratzinger reißt nicht ab

Das Münchner Missbrauchsgutachten, das vergangene Woche veröffentlicht wurde, belastet Joseph Ratzinger, den früheren Papst Benedikt XVI. schwer. Schwer wiegt allerdings auch eine falsche Aussage, die Joseph Ratzinger inzwischen mit dem Verweis auf ein "Versehen bei der redaktionellen Bearbeitung", wie es offiziell heißt, zurückgezogen hat: Es geht um die Teilnahme an einer Ordinariatssitzung im Erzbistum im Jänner 1980, die Joseph Ratzinger in seiner Stellungnahme bestritten hatte.

Die Gutachter waren jedoch zum Schluss gekommen, dass der damalige Erzbischof von München und Freising anwesend gewesen sein musste. Konkret wird Joseph Ratzinger im Gutachten außerdem in vier Fällen vorgeworfen, er habe nichts gegen Kleriker unternommen, die im Verdacht standen, Kindern sexuelle Gewalt angetan zu haben.

Kritik am früheren Papst kommt mittlerweile auch aus den Reihen der deutschen Bischöfe. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf etwa meinte, manchmal wünsche er sich angesichts der Missbrauchsskandale, dass "sich die Erde unter ihm auftue" und die Initiative Maria 2.0 spricht von einem "Lügengebäude", das nun unter Joseph Ratzinger zusammenstürze.

Der deutsche Jesuitenpater und Leiter des Kinderschutzzentrums (Center for Child Protection) Hans Zollner sieht die gesamte katholische Kirche durch die Vorwürfe gegen den emeritierten Papst belastet und erwartet zumindest eine persönliche Entschuldigung. Aber auch dem derzeitigen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx werden Untätigkeit und Fehlverhalten vorgeworfen, berichtet ORF-Korrespondent Andreas Pfeifer aus München.


2. "Not lehrt beten" - Stimmt das Sprichwort?

Bald beginnt das dritte Jahr der Covid-Pandemie in Österreich - das Leben mit einer unsichtbaren Bedrohung für die Gesundheit. Persönliche Begegnungen müssen mit jeder neuen Welle wieder stark eingeschränkt werden, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Wirtschaftliche Existenzen stehen auf dem Spiel, Bildungskarrieren in Frage. Dazu kommt der Klimawandel mit seinen für die Zukunft so schwerwiegenden Auswirkungen, militärisches Säbelrasseln im Osten Europas weckt Kriegsängste. Angehörige der katholischen Kirche sehen sich zudem mit mehr und mehr neu aufgedeckten Missbrauchsskandalen konfrontiert. Die Zeiten sind unsicher wie schon lang nicht mehr, ob es Politik, Gesundheit, Klima oder die Religion betrifft.

Welche Auswirkungen hat all dies auf persönliche Glaubensüberzeugungen und den gesellschaftlichen Stellenwert der Religion? Brigitte Krautgartner hat die Wiener praktische Theologin und Religionssoziologin Regina Polak um ihre Eindrücke und Einschätzung gebeten.


3. Religiöse Praxis im Angesicht der Vernichtung

Kaum ein Ort, den man ferner von jeder Menschlichkeit, aber auch ferner von jeder Spiritualität verorten würde als die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. Doch trotz der allgegenwärtigen Gefahr, dafür getötet zu werden, gab es so etwas wie "spirituellen Widerstand", hielten viele Menschen an Glauben und religiöser Überzeugung und Praxis fest: Jüdinnen und Juden ebenso wie Christinnen und Christen, darunter auch die sogenannten "Bibelforscher", die Zeugen Jehovas.

Ein neuer Band, erschienen im Wallstein-Verlag, fasst die Forschungen über die Religiosität in den Konzentrationslagern zusammen.
Maresi Engelmayer hat anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Jänner mit Autorinnen und Autoren des Buches über die Erkenntnisse gesprochen, die sie im Zuge ihrer Forschungen über Glauben im Angesicht der Vernichtung gewinnen konnten.

Service

Buch:
Eschebach, Hammermann, Rahe, u.a.
"Religiöse Praxis in Konzentrationslagern und anderen NS-Haftstätten", Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung, Band 2, Wallstein Verlag, 2021

Links:
"Lügengebäude": Kritik an Joseph Ratzinger reißt nicht ab:
Missbrauchsfälle, Diözese München und Freising - Gutachten
Missbrauchsgutachten: Kritik an Benedikt XVI. hält an
Experten sehen mehr als persönliches Versagen
"Verteidiger des Glaubens"
Internetpräsenz von Maria 2.0 in Heilig Kreuz, Münster, Deutschland

Religiöse Praxis im Angesicht der Vernichtung:
KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Auschwitz-Birkenau
Mauthausen

Sendereihe

Gestaltung

  • Judith Fürst