Zeit-Ton

Perotin, Franziskus und ihre Echos heute

Vokalwerke von Sofia Gubaidulina und Judith Weir mit dem RIAS Kammerchor Berlin

Ein zeitgenössischer Blick auf die frühe Mehrstimmigkeit der Notre-Dame-Schule bei Judith Weir und der "Sonnengesang" des heiligen Franz von Assisi für Cello, Schlagzeug und Gesang in der musikalischen Gestaltung durch Sofia Gubaidulina, die im Oktober 2021 ihren 90. Geburtstag feiern konnte: Das waren die Eckpunkte eines Konzerts des RIAS Kammerchors unter Justin Doyle vom November 2021 im Motorwerk Berlin.

Manchmal holt sich das Neue seine Anregungen in ferner Vergangenheit. Perotinus Magnus, der große Perotin, habe als "optimus discantor" den "Magnus Liber organi de gradali et antiphonario" gekürzt, umgearbeitet und noch besser ausgestaltet - also die Repertoiresammlung von Sakralgesängen zu den wichtigen Festen des Kirchenjahres, der an Notre Dame oder auch anderen Pariser Kirchen seit dem späten 12. Jahrhundert in Gebrauch war: So berichtet es der berühmte Musiktraktat eines unbekannten, Anonymus IV getauften Autors ein Jahrhundert später. Bis in die Zeit der frühen Mehrstimmigkeit während der Notre-Dame-Schule geht die 1954 in Cambridge geborene Komponistin Judith Weir für ihr Chorstück "All Ends oft he Earth" zurück - und lässt sich von "Viderunt omnes" inspirieren, einem der beiden spektakulären vierstimmigen Organa, die Perotin geschaffen haben soll.

Der so genannte "Sonnengesang" des Franziskus von Assisi, entstanden im 13. Jahrhundert, ist ein Gotteslob aus der Schönheit und dem Sinn der Schöpfung heraus, ein Hymnus auf die Harmonie der Welt zwischen Leben und Tod. Zum 70. Geburtstag von Mstislav Rostropovich hat die im vergangenen Herbst selbst 90 Jahre alt gewordene Sofia Gubaidulina den populären, oft komponierten Gebetstext zur Grundlage eines eigenen, auratischen Werks für Solo-Cello, Schlagzeug und Chor gemacht.

"Zeit-Ton" bringt Ausschnitte aus einem Konzert des RIAS Kammerchor Berlin mit Leonard Elschenbroich am Violoncello sowie den Schlagzeugern Michael Weilacher, Daniel Eichholz und Jürgen Grözinger unter der Leitung von Justin Doyle, aufgenommen am 26. November 2021 im Motorwerk Berlin.

Gestaltung: Walter Weidringer

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