Andy Warhol, 1969

ASSOCIATED PRESS

Gedanken für den Tag

Die Idee von Amerika

"Fünfzehn Minuten Ewigkeit - Zum 35. Todestag von Andy Warhol" von Hartwig Bischof, Künstler und Kunsttheoretiker

Aus der Migrationsforschung wissen wir, dass die erste Generation nach den eigentlichen Einwanderern wesentlich größere Schwierigkeit bei der Identitätsfindung hat, als jene. Die Eltern von Warhol waren 14 bzw. 7 Jahre vor dessen Geburt aus der Slowakei in die USA eingewandert. Überdies starb der Vater des kleinen Andrej Warhola, wie er damals noch hieß, als er 13 Jahre alt war.
Die Kindheit war durchzogen von Kränklichkeit und Bettlägerigkeit, später wird Warhol von Nervenzusammenbrüchen und sogar von Veitstanz berichten.

Wie windet sich Warhol aus dieser ungünstigen Startposition heraus? Er verschreibt sich mit Haut und Haaren dem American Way of Life, setzt diesen Mythos aber nicht als Tellerwäscher in konkretes Leben um, sondern als Bildermacher. Zunächst, ganz diesem Aufstiegsmodell verpflichtet, als Gebrauchsgrafiker. Und Warhol macht aus der Not eine Tugend, indem er den Stil, den er sich in der Werbebranche angeeignet hat, nunmehr als Künstler in die Kunstszene importiert. Er notiert: "Du musst dir auch in Zeiten, in denen dein Stil nicht gefragt ist, treu bleiben - wenn er gut ist, wird er auch wiederkommen". Und ob dieser Stil "gekommen" ist! Auf den ersten Blick gibt sich Warhol dem US-amerikanischen Mythos vollkommen unbedarft hin, wenn er schreibt: "Die Idee von Amerika ist so wundervoll, denn je ,gleichgeschalteter' etwas ist, desto amerikanischer. Dabei kommt es oft vor, dass man eine Sonderbehandlung erfährt, wenn man berühmt ist; aber das ist dann nicht wirklich amerikanisch."

Sein Rettungsanker darf keine hässlichen Schlieren abbekommen. Daher übernimmt Warhol auch ausschließlich "Berühmtheiten" als Motive für seine Arbeiten; diese Berühmtheiten können Menschen aus dem Film- und Musikbusiness sein, oder Massenartikel, die der Kapitalismus bereits zu unverwechselbaren Marken gemacht hat. Insofern profitieren Warhols Arbeiten direkt und werden quasi automatisch auch berühmt.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Richard Schönherz
Komponist/Komponistin: Emanuel Rigoni
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Andre Heller geb.1947
Album: ANDRE HELLER: KRITISCHE GESAMTAUSGABE 1967 - 1991 / I
Titel: Marilyn Monroe / aus dem Zyklus "Gewinnbilder aus Kaugummiautomaten"
Textanfang: Oh, Marilyn Monroe, Marilyn Monroe, dein Tod kam wie ein weißer Zeppelin. Flieg zu den Popcorn-Wolken, der Atem Gottes trocknet dir den Nagellack.
Solist/Solistin: Andre Heller
Länge: 03:40 min
Label: Polydor 5112082

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