Vom Wert der Traurigkeit

1. März 2022, 13:00

Seit Beginn der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Menschen, die über "depressive Zustände" klagen, stark an - in vielen Ländern, auch in Österreich. Man spricht von 20 Prozent Betroffenen in der Bevölkerung. Eine OECD-Studie von 2021 kommt auf dieses Ergebnis ebenso wie die Donauuniversität Krems, die 2020 und 2021 mehrmals Online-Befragungen mit 500 bis 1.500 Erwachsenen und mit 3.000 Jugendlichen durchführte. Im "Depressionsbericht Österreich" von 2019 ist noch von weitaus weniger Betroffenen die Rede: 6 Prozent.

"Depressive Zustände" - was genau ist damit gemeint? Wie unscharf ist dieser Begriff? Trägt er dazu bei, dass Menschen sich selbst als "krank" einschätzen, obwohl sie allen Grund haben, zu trauern und traurig zu sein: einen tiefen Verlust; Krieg oder Kriegsangst; eine schwere Zeit; Allein-sein; das Gefühl, nirgendwo dazu zu gehören und "nichts wert" zu sein. "Vielleicht sind die Umstände traurig", meint der Psychoanalytiker Alfred Kirchmayr. Er vermisst "eine emotionale Kultur".

Was ist depressiv und was ist traurig? Wie lange kann man traurig sein, ohne als "depressiv" zu gelten? Was ermöglicht diese Unterscheidung? Wie hilft es beispielsweise Jugendlichen, die sich als "depressiv" bezeichnen und sich seit den Corona-Lockdowns stark zurückziehen? Welchen Wert hat die Traurigkeit, wenn sie auch - für alle Beteiligten - schwer ist?

Gäste von Andrea Hauer sind der Psychoanalytiker, Soziologe und Theologe Alfred Kirchmayr und die Psychiaterin Lucie Bartova, Mitautorin des österreichischen Depressionsberichts.

Wie immer sind Sie herzlich eingeladen, von Ihren Erfahrungen zu berichten. Unter 0800 22 69 79 können Sie live und kostenlos aus ganz Österreich mitreden, oder Sie schreiben ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Andrea Hauer