Zwischenruf
Margit Hauft über Konfliktkultur, Klarheit in der Sprache und Kooperation und Koalition
Von Margit Hauft, langjährige Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Österreichs
6. März 2022, 06:55
"Wir können stolz sein, denn niemand hat im vergangenen Jahrhundert so viel gelernt und erreicht, wie wir Frauen!", habe ich vor einiger Zeit in der Antrittsrede einer süddeutschen Kleinstadtbürgermeisterin gelesen. Politischer Zweckoptimismus? Oder will ihre Aussage nur einmal mehr auf etwas hinweisen: dass Probleme zwar nicht wegzuleugnen sind, es aber auf unseren Umgang mit ihnen ankommt. Zukunftsträchtige Schritte werden davon abhängen, ob ein waches Problembewusstsein uns antreibt, oder ob wir in eine Problemtrance verfallen, die den Blick auf Gelungenes zusehends verwehrt!
Für mich ist es ganz klar:
Die Frauenbewegung, die "Sache der Frauen" darf weder gesellschaftlich noch kirchlich zum Stillstand kommen, auch und gerade nicht angesichts des bereits so weitgehend Errungenen. Die Reduzierung der Frau auf die klassischen Tätigkeitsbereiche "Kinder, Küche, Kirche" ist zwar überwunden, der Weg zur Gleichberechtigung und zur gelebten Partnerschaft jedoch noch lang und mühsam.
Könnten da nicht drei neue K - Wörter hilfreich sein?
- Konfliktkultur
Wer sich engagiert, diese Welt mitzugestalten versucht, wird mit unterschiedlichen Vorstellungen konfrontiert werden, aus denen nicht selten Konflikte resultieren. Es gilt, sich der Verlockung eines "weiblichen" Harmoniebedürfnisses zu entziehen, das zu einem Gutteil erziehungsbedingt ist bzw. mangelndem Training entspricht. Ich sehe es so: Die Kraft, die bisher gebraucht wurde, um Konflikte zu vermeiden, sollte dafür eingesetzt werden, die Späne, die durch unser Hobeln entstehen fachgerecht zu entsorgen, also eine Konfliktkultur zu entwickeln, die die Würde aller Beteiligten ernst nimmt.
- Klarheit in der Sprache
Je deutlicher und verständlicher ich mich ausdrücke, umso mehr Chancen auf Verstandenwerden tun sich auf. Es genügt nicht, Mitspracherecht in Gremien zu haben, um mich dann "herauszuhalten". Sprachrohr sein für sprachlose Frauen, meint diese Klarheit auch, und das Benützen, Beachten und Einfordern einer Sprache, die Frauen hörbar macht. Eine klare Sprache macht hellhörig für den "weiblichen Blickwinkel", für das immer wieder nötige Ja, aber..auch wenn es unbequem sein kann.
- Kooperation und Koalition
Die notwendige Vernetzung, das Umeinanderwissen, auch das "Nachholen" anderer Frauen ist damit gemeint, und die Frage an uns, warum wir gerade das nicht verstärkt tun. Welche Berührungsängste gibt es? Welche überholten "Vorbilder", die uns hindern? Welche Rahmenbedingungen brauchen wir? Eine wichtige Voraussetzung für gelungene Kooperation ist sicher ein gesundes Selbstbewusstsein.
Ist der bevorstehende Internationale Frauentag nun ein Grund zum Feiern oder zum Trauern? Sowohl als auch, ist meine Antwort. Für mich ist er immer wieder ein Ansporn zur Zufriedenheit, das meint zufrieden auf Erreichtes schauen, sich aber damit nicht zufriedengeben, sondern daraus Kraft schöpfen für das, was es noch zu tun gibt.
"Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts.", sagt schon Simone de Beauvoir. Der Internationale Frauentag bietet uns Frauen eine willkommene Gelegenheit einmal mehr zu zeigen: "Wir wollen nicht das Opfer der Geschichte, sondern Akteurinnen der Zukunft sein!"
Frauen, die danach gelebt haben, finden sich übrigens auch in der Bibel. Es lohnt sich, nach ihnen zu suchen.
Sendereihe
Übersicht
- Internationaler Frauentag
Playlist
Komponist/Komponistin: Laurie Anderson
Gesamttitel: LANDFALL
Titel: Built you a mountain/instr.
Solist/Solistin: Laurie Anderson /Keyboard, Violine, Samples, Perc., Filters
Ausführende: Kronos Quartet
Ausführender/Ausführende: David Harrington /Violine
Ausführender/Ausführende: John Sherba /Violine
Ausführender/Ausführende: Hank Dutt /Viola
Ausführender/Ausführende: Sunny Yang /Violoncello
Länge: 02:16 min
Label: Warner/Nonesuch Rec. 7559793389