Zeit-Ton

Julius Eastman: Four Pianos (1978-1979)

Das belgische Label Sub Rosa präsentiert: Three Extended Pieces For Four Pianos von Julius Eastman.

Julius Eastman (1940-1990) war ein afroamerikanischer Komponist, Pianist, Sänger und Tänzer, zudem eine bekannte Figur der New Yorker Avantgarde Musikszene der 1970er und 1980er Jahre und Teil der experimentellen Popszene mit Musiker/innen wie Arthur Russell und Glenn Branca, er sang auch für Peter Maxwell Davies und Meredith Monk. Eastman, der in Armut, Drogen- und Alkoholmissbrauch versank, starb 1990 anonym. Viele seiner Partituren sind verlorengegangen. Erst in den letzten Jahren haben Freund/innen und Wissenschaftler/innen begonnen, Licht in Eastmans Musik und die verschwommenen Details seiner letzten unruhigen Jahre zu bringen, - und eine neuere Generation von Musiker/innen hat seinem Werk einen neuen Glanz verliehen.

In seiner explosiven Karriere zog Eastman von der Anerkennung durch Kritiker/innen zu hitzigen Kontroversen und von Erfolg zu Obdachlosigkeit. Als Komponist in den 1970er Jahren stolz schwul zu sein, war schon mutig genug, schwarz und schwul zu sein, war es noch viel mehr. Aber genau dieses Selbstbewusstsein - sein politisches Engagement gegen Rassismus und Homophobie - ermöglichte es Eastman, Musik zu schreiben, die herausfordernd, schelmisch, respektlos und ekstatisch war. Heute ist er für viele ein Visionär, auch wenn sein Festhalten an rassistischen Bezeichnungen in seinen Titeln immer noch für Unmut sorgt.

Eastmans Musik - sein wellenförmiger und repetitiver Stil - folgte, wie er es nannte, einem "organischen" Prinzip. Jeder neue Abschnitt eines Werkes sollte alle Informationen der vorangegangenen Abschnitte enthalten, auch wenn manchmal "die Informationen schrittweise und nach logischen Prozessen folgend ausgelassen werden können". Dieses Prinzip findet sich in den von 1978-1979 entstandenen drei Werken für vier Klaviere realisiert: "Crazy Nigger", "Evil Nigger" und "Gay Guerilla" bilden ein Trio von Stücken, die einen Höhepunkt in Julius Eastmans Kompositionen markieren. In "Gay Guerilla" verwendet er Martin Luthers Hymne "Ein feste Burg ist unser Gott"; kraftstrotzend, um in zweifacher Hinsicht für eine gemeinsame Sache zu kämpfen.
Das belgische Label Sub Rosa veröffentlichte vor Kurzem "Three Extended Pieces For Four Pianos", eine Liveaufnahme vom 28. September 2019 beim Festival Musica in Strasbourg vier großartigen Pianist/innen, die im klassischen und zeitgenössischen Repertoire gleichermaßen zu Hause sind: Melaine Dalibert, Stéphane Ginsburgh, Nicolas Horvath und Wilhem Latchoumia interpretieren Eastmans mitreißende Trilogie mit ihren glühenden Titeln: "Crazy Nigger", "Evil Nigger" und "Gay Guerilla".

Die US-amerikanische Komponistin Mary Jane Leach schreibt in den Liner Notes: "Obwohl die Titel der drei Werke für vier Klaviere provokativ und kontrovers sind, die Musik ist es nicht, und sie sicherten Eastmans Ruf als aufregender und unverzichtbarer Komponist."

Gestaltung: Marlene Schnedl

Service

Julius Eastman's spoken introduction to the Northwestern University concert 6.1.1980
Julius Eastman-Three Extended Pieces For Four Pianos

Sendereihe

Gestaltung

  • Marlene Schnedl

Playlist

Komponist/Komponistin: Julius Eastman
Titel: Evil Nigger
Solist/Solistin: Nicolas Horvath(p)
Solist/Solistin: Melaine Dalibert (p)
Solist/Solistin: Stephane Ginsburgh (p)
Solist/Solistin: Wilhem Latchoumia (p)
Länge: 20:12 min
Label: Sub Rosa SR503

Komponist/Komponistin: Julius Eastman
Titel: Gay Guerilla
Solist/Solistin: Nicolas Horvath(p)
Solist/Solistin: Melaine Dalibert (p)
Solist/Solistin: Stephane Ginsburgh (p)
Solist/Solistin: Wilhem Latchoumia (p)
Länge: 23:34 min
Label: Sub Rosa SR503

weiteren Inhalt einblenden