Kleiner Wasserfall, Ente im Abflug

AP/MARK BAKER

Gedanken für den Tag

Rainer Bucher über Jenseits der Erwartungen

"Wenn nichts bleibt, wie es war - Zur Ambivalenz der Zukunft" von Rainer Bucher, Professor für Pastoraltheologie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Ich möchte Sie zu einem kleinen Gedankenexperiment einladen:
Bitte versetzen Sie sich doch in das Jahr 1988.
Wo lebten Sie damals? Was beschäftigte Sie? Bei wem und mit wem lebten Sie und vor allem: Was erhofften und erwarteten Sie sich von der Zukunft?
Und dann führen Sie sich bitte vor Augen, was seither tatsächlich in Ihrem Leben geschehen ist.

Ich vermute, dass manches, vielleicht sogar vieles von dem, was in Ihrem Leben seither passiert ist, für Sie ziemlich weit außerhalb Ihrer damaligen Erwartungen lag.
Ihre Erinnerungen gehören natürlich nur Ihnen. Aber dieses Gedankenexperiment lässt sich auch für das kollektive Gedächtnis anstellen. Dann liegen zwischen 1988 und heute der Zusammenbruch des Kommunismus, die Verbreitung von PCs, Handys und Internet, der Beinahe-Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems, die unabweisbare Erkenntnis eines globalen Klimawandels mit apokalyptischem Drohpotential, die Expansion des islamistischen Fundamentalismus, die Wahl eines Afroamerikaners und des unsäglichen Donald Trump zum Präsidenten der USA, die Ankunft der weltweiten Migrationsströme auch in Europa, und eine globale Epidemie mit hohem Selbsterfahrungspotenzial.

So unterschiedlich all diese Phänomene sind, sie haben eines gemeinsam: Sie kamen ziemlich unerwartet und waren jeweils noch kurz vorher kaum vorstellbar. Natürlich war die Zukunft immer schon ungewiss - so überraschungsdicht, dass man kaum wissen kann, was als nächstes um die Ecke kommt, ist sie erst seit kurzem.
Alles spricht dafür, dass es damit nicht vorbei ist. Es wird so weitergehen, dass wir nicht wissen, wie es weitergehen wird. Wahrscheinlich schon in 10 Jahren wird uns Vieles überrascht haben und wir können uns heute nicht wirklich vorstellen, was es sein wird.
Was wir uns heute vorstellen, dass kommen wird, wird nicht das sein, was kommen wird. Das lehren die letzten Jahrzehnte.

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Claude Debussy 1862 - 1918
Bearbeiter/Bearbeiterin: Henri Büsser
Titel: Printemps - Symphonische Suite / Bearbeitung
Anderssprachiger Titel: Frühling
* Premiere Partie/Teil 1 (00:09:28)
Orchester: Orchestre National de l'ORTF
Leitung: Jean Martinon
Solist/Solistin: Michel Sedrez
Solist/Solistin: Fabienne Boury
Länge: 09:28 min
Label: EMI 7695882

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