Mary Ruefle

SUHRKAMP VERLAG/MATT VALENTINE

Radiogeschichten

Mary Ruefles Privatbesitz

"Ex libris"-Nachlese: Mary Ruefle, "Mein Privatbesitz", Suhrkamp Verlag (Übersetzung: Esther Kinsky). Es liest Eva Mayer

Die US-amerikanische Lyrikerin Mary Ruefle ist im deutschsprachigen Raum wenig bekannt, während sie in den USA für den National Book Award oder den Pulitzer Preis nominiert war. Sie sagt über sich, dass sie mit einem Triangelspieler in einem Orchester vergleichbar sei. In großen Abständen muss sie ihr Instrument erklingen lassen, das allerdings exakt zum richtigen Zeitpunkt.

Das erste von Mary Ruefle ins Deutsche übersetzte Buch ist kein Gedichtband, sondern eine Sammlung von Prosaminiaturen. "Mein Privatbesitz" ist sein Titel und so nennt sich auch der längste Text darin. Er beginnt mit dem Satz: "Es ist doch traurig, dass heutzutage niemand an der Kunst des Kopfschrumpfens Interesse zeigt". Dieser Satz ist charakteristisch für Ruefles Prosa, die oft mit Momenten des Schreckens spielt, diesen aber durch eine geradezu kindliche Unvoreingenommenheit und Moralbefreitheit neutralisiert. So erzählt sie von der Praxis der Schrumpfkopfherstellung in Afrika und Südamerika und phantasiert von der Möglichkeit, auf diese Weise enge Verwandte und Freunde nach deren Ableben zu konservieren und deren Köpfe in Eierschachteln aufzubewahren.

Ob es um eine Aussage bei der Polizei geht, um Neurosen, um Träume, uns Altern, um den Tod oder um Dinge des Alltags wie Wolken, Schlüssel, Essen oder Schlafen, immer hält Mary Ruefle mit Erstaunen fest, wie determiniert die Abläufe des Lebens sind. Weniger in einem sozialen, als vielmehr in einem biologischen Sinn sind. Das ich, das in ihren Texten spricht, versteht diese Abläufe wie in einem Drehbuch festgehalten, es begreift sich allerdings nicht als Opfer der Umstände, sondern als Archäologin der Lebenszusammenhänge. Ihr Werkzeug dabei ist die Sprache, die sie, ironisch unterfüttert, im Sinne Ludwig Wittgensteins so weit reduziert, dass sie nur mehr Abbildfunktion hat. Jeder Satz bildet eine Wirklichkeit ab, wobei es keine Rolle spielt, ob die Aussage des Satzes sinnvoll ist.

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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