Ein Kreuz vor blauem Himmel

AFP/ARIS MESSINIS

Gedanken für den Tag

Jan-Heiner Tück über Kompassnadel und Schutzzeichen

Crux - Über die Anstößigkeit des Kreuzes. Gedanken zur Karwoche
von Jan-Heiner Tück, katholischer Theologe

Das Symbol des Kreuzes ist einfach. Es vereinigt eine Senkrechte und eine Waagerechte und verbindet so Himmel und Erde. Das Symbol des Kreuzes ist zugleich vielschichtig und komplex. Es spiegelt sich im aufrechten Gang des Menschen, der seine Arme ausstreckt, es zeichnet sich ab im Gesicht, in dem sich Augenpartie und Nase kreuzen. Es bietet Orientierung, wenn sich die Kompassnadel auf dem Kreuz der vier Himmelsrichtungen einpendelt. In der Kulturgeschichte der Menschheit hat das Kreuz vielfältige Spuren hinterlassen.

Weniger bekannt ist, dass das Symbol des Kreuzes auch in der Geschichte Israels begegnet. Archäologische Funde am Ölberg haben zutage gefördert, dass jüdische Gräber gut sichtbar mit Kreuzen markiert waren. Zunächst dachte man, es müsse sich um Judenchristen der ersten Generation handeln, doch diese Deutung ließ sich nicht halten, da die Funde in vorchristliche Zeit zurückreichen. Weiter führte eine biblische Stelle beim Propheten Ezechiel, die von der Verschonung vor Gottes Gerichten handelt. Einem himmlischen Boten wird der Auftrag erteilt: "Geh mitten durch die Stadt Jerusalem und schreib ein T auf die Stirn aller Männer, die über die in der Stadt begangenen Gräueltaten seufzen und stöhnen", soweit der Prophet.
Die Markierung mit dem letzten Buchstaben des hebräischen Alphabets Tau, das graphisch der Form eines Kreuzes entspricht, hat hier die Funktion eines Schutzzeichens. Diejenigen, die Unrecht und Gewalt verurteilen und einen gottgemäßen Lebensstil führen, werden durch das Siegel des Tau gezeichnet. Die Grabfunde in Jerusalem zeigen also, dass im Judentum schon vor der Zeitenwende das kreuzförmige Tau als Heils- und Schutzzeichen in Gebrauch war. Die Beschriftung der Gräber zeigte an, dass der Verstorbene zu den Frommen Israels zählt, und gab der Hoffnung Ausdruck, dass er vor dem göttlichen Gericht bewahrt bleibe.
Die christliche Bestattungskultur hat das nicht unmittelbar aufgenommen. Aber auch hier spielt das Symbol des Kreuzes eine wichtige Rolle. Es erinnert an Jesus Christus, den auferweckten Gekreuzigten, den die Bibel den "Anführer zum Leben" nennt. Das Kreuz steht auch hier für die Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und die Verstorbenen zum himmlischen Hochzeitsmahl geladen werden.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach 1685 - 1750
Bearbeiter/Bearbeiterin: Ton Koopman geb.1944
Album: YO YO MA: SIMPLY BAROQUE II
Titel: Aria aus den "Goldberg Variationen BWV 988 - 30 Veränderungen für Klavier" (Clavierübung IV. Teil) / Bearbeitung für Violoncello und Orgel
Solist/Solistin: Yo Yo Ma
Solist/Solistin: Ton Koopman
Länge: 02:00 min
Label: Sony Classical SK 60681

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