DPA
Menschenbilder
Besuch bei Dacia Maraini in Rom
Die Schönheit der Aufrichtigkeit. Die italienische Autorin Dacia Maraini.
17. April 2022, 14:05
Sie kann als Grande Dame der italienischen Literatur gelten: geschätzt für ihr vielfältiges Werk, gefragt als Zeitzeugin und geachtet für ihr gesellschaftliches Engagement. Dacia Maraini, geboren am 13. November 1936 in Fiesole bei Florenz, übersiedelt in früher Kindheit nach Japan. Ihr Vater, der berühmte Anthropologe, Bergsteiger, Autor und Fotograf Fosco Maraini, forscht und lehrt in Sapporo und Kyoto. Der friedliche Alltag und das Erleben japanischer Kultur schlagen um, als Italien im Zweiten Weltkrieg mit den Alliierten Waffenstillstand schließt: Marainis Eltern lehnen es ab, den Faschisten Treue zu schwören, die Familie wird daraufhin in einem Konzentrationslager interniert.
Ausgehungert und erschöpft finden die Heimkehrer nach dem Krieg Zuflucht auf Sizilien, bei den Großeltern mütterlicherseits. Topazia Alliata ist Künstlerin aus adeliger Familie; ihre Tochter Dacia Maraini wird ihre Jugendjahre, die Farben Siziliens wie die dortigen düsteren sozialen Verhältnisse in ihren Büchern festhalten: im preisgekrönten Roman "Die stumme Herzogin" über das Leben ihrer Vorfahrin Marianna Ucrìa im 18. Jahrhundert, oder auch in der autobiographischen Erzählung "Bagheria".
Vor der patriarchalischen sizilianischen Gesellschaft der 1950er Jahre flieht sie nach Rom - wo Federico Fellini seine Filme dreht, Pier Paolo Pasolini Stücke auf die Bühne und die Leinwand bringt, Elsa Morante vielbesprochene Bücher veröffentlicht. Schnell ist sie mit ihnen befreundet und Teil der Zirkel von Künstlerinnen, Regisseuren, Schauspielerinnen; zuerst mit dem Maler Lucio Pozzi verheiratet, danach lange mit dem Schriftsteller Alberto Moravia liiert.
So breitgefächert wie Dacia Marainis Freundeskreis ist ihre eigene literarische Tätigkeit: Sie gründet Literaturzeitschriften, später das Teatro della Maddalena, geführt von Frauen. Ihr Werk umfasst Romane und Erzählungen, Gedichte und Kinderbücher, Essays, Theaterstück und Drehbücher sowie Gespräche mit Persönlichkeiten des italienischen Geistes- und Kulturlebens - ebenso lang wie die Liste der Veröffentlichungen ist die der Auszeichnungen, die Dacia Maraini dafür erhalten hat. Zuletzt veröffentlichte sie einen Band mit Erinnerungen an Pier Paolo Pasolini anlässlich seines hundertsten Geburtstags am 5. März 2022.
In ihrer Wohnung in Rom blickt Dacia Maraini für dieses "Menschenbild" zurück auf ein langes und bis heute aktives Leben.
Stimme der deutschen Übersetzungen: Sona MacDonald