Franz Koglmann

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Radiokolleg - Der Jazz-Visionär Franz Koglmann

Melancholie am Flügelhorn (1). Gestaltung: Thomas Miessgang

Die Kunst des Wiener Flügelhornspielers und Komponisten Franz Koglmann war nie laut und auftrumpfend, sondern kontemplativ und strukturell durchdacht. Sie orientierte sich auch nicht wie bei vielen anderen heimischen Jazzern am afroamerikanischen Erbe, sondern am eher "weiss" geprägten West Coast-Jazz der 1950er Jahre und an der europäischen Klassik. Begonnen hatte der in einem Vorort von Wien in kunstfernem Milieu aufgewachsene Koglmann mit Free Jazz im Umfeld der "Masters of Unorthodox Jazz" - damals die coolste Avantgardetruppe, die die Bundeshauptstadt zu bieten hatte.

Doch bald schon wollte Koglmann, der auch eine klassische Ausbildung genossen hatte, seine Klangpalette erweitern und internationalen Anschluss finden: Es gelang ihm, den damals führenden Sopransaxophonisten Steve Lacy und den Trompeter Bill Dixon für jeweils eine Plattenproduktion zu verpflichten, die er, ganz bescheiden, auf seinem eigenen Label veröffentlichte. Damit war der Eigenbrötler aus Wien zumindest einmal auf der Avantgarde-Jazzlandkarte eingezeichnet. Doch Franz Koglmann wollte mehr: Eine eigene individuelle Klangsprache entwickeln, in der er sich zwar auf Vorbilder bezog, deren akustische Idiome er aber zu einem eigenen Sound amalgamieren wollte. Seit den frühen 1980er Jahre entfaltete der Komponist diese Ausdrucksform zwischen Improvisation und Komposition, zwischen polyphonen Melodielinien und Zwölftontechnik auf zahlreichen Schallplatten, eingespielt von Gruppen, die mal im Sinne klassischer Jazzquartette besetzt waren, dann wiederum zu Kammerorchestergröße anschwellen konnten.

Die musikalische Leistung von Koglmann besteht aber nicht nur in der Komposition von Cool Noir-Vignetten und suitenartigen Großstrukturen, sondern auch in einer Archäologie vergessener jazzoider Ausdrucksformen: Er ließ beispielsweise die legendäre, aber längst nicht mehr erhältliche Progressive-Jazz-Komposition "City of Glass" von Bob Graettinger durch ein österreichisches Ensemble aufführen. Er veranstaltete im Rahmen der Wiener Musik Galerie Workshops mit dem Klarinettisten Jimmy Giuffre und dem Trompeter Michael Mantler und er kümmerte sich um eine integrale Aufführung der apokryphen Komposition "Epitaph" von Charles Mingus.

In Summe besteht die Lebensleistung des unorthodoxen Klangschöpfers, der im Mai 75 wird, in der Wiederbelebung und Weiterführung des "Third Stream", einer lange nicht mehr relevanten Jazzform aus den 50er Jahren, welche die strukturelle Komplexität der Klassik mit der Coolness und dem Flow des Jazz zusammenbringen wollte. Die Musikviertelstunde spannt ein Klangnetz auf, in dem die verschiedenen Markierungspunkte von Koglmanns Karriere zusammengeführt werden und Musikerinnen und Musiker, die für seine Entwicklung wichtig waren, zu Wort kommen. Motto: "Genauigkeit in der Melancholie."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

  • Thomas Mießgang

Übersicht

Playlist

Urheber/Urheberin: Masters of Unorthodox Jazz
Titel: Magnetic Girl
Ausführender/Ausführende: Masters of Unorthodox Jazz
Label: Barabbas Records HGB 1001

Urheber/Urheberin: Masters of Unorthodox Jazz
Titel: Space Girl
Ausführender/Ausführende: Masters of Unorthodox Jazz
Label: Barabbas Records HGB 1001

Urheber/Urheberin: Masters of Unorthodox Jazz
Titel: Everyone`s a master
Ausführender/Ausführende: Masters of Unorthodox Jazz
Label: Barabbas Records HGB 1001

Urheber/Urheberin: Masters of Unorthodox Jazz
Titel: Pissing Girl
Ausführender/Ausführende: Masters of Unorthodox Jazz
Label: Barabbas Records HGB 1001

Urheber/Urheberin: Reform Art Unit
Titel: Railway East
Ausführender/Ausführende: Reform Art Unit
Label: RAU Records - 1005

Urheber/Urheberin: Franz Koglmann
Titel: Bowery 1
Ausführender/Ausführende: Franz Koglmann
Label: Pipe Records - PR 151

Urheber/Urheberin: Franz Koglmann
Titel: For Franz
Ausführender/Ausführende: Franz Koglmann
Label: Pipe Records -PR 152

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