Charles Darwin, 1875

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Gedanken für den Tag

Susanne Heine über Darwin: Der Kampf ums Dasein

Gott und die Insekten - Zum 140. Todestag von Charles Darwin
von Susanne Heine, Religionspsychologin und evangelische Theologin

Eine Schildkröte zum Beispiel legt tauende Eier, weil nur wenig Schlüpflinge überleben. Sie produziert für den Tod und das ökologische Gleichgewicht. Wer am schnellsten zuschlägt, kriegt die Beute. Schwache müssen verhungern. Männliche Tiere rivalisieren um Reviere und Weibchen, bekämpfen und töten einander. Das evolutionäre Ziel lässt mich schon erschrecken: Die Stärkeren geben ihre Gene weiter und halten ihre Spezies fit. Die Engführung auf die Frage, ob der Mensch vom Affen oder von etwas dazwischen abstammt, interessiert mich persönlich nicht, denn diese Vereinfachung dient bis heute nur dem Zweck gegenseitiger Demütigung.

Darwin erschrickt, als ein jüngerer Konkurrent auftaucht: Alfred Russel Wallace, der eigene Forschungen betreibt und die Wendung "Kampf ums Dasein" prägt. In ihren Interessen und Ergebnissen sind sie einander nahe, aber sie kämpfen nicht gegeneinander, sondern miteinander für die Erforschung der Evolution. Dass zwischen ihnen nie Neid oder Eifersucht aufkommt, würdigt Darwin in einem Brief. Im üblichen wissenschaftlichen Konkurrenzkampf blüht da eine seltene Blume auf, die Erfüllung des Gebots: Du sollst nicht begehren deines Nächsten - Werk. Menschen müssen nicht rivalisieren, sie können auch anders.

Gemeinsam gehen, bedeutet nicht gegeneinander unkritisch zu sein. Wallace warnt davor, Gesetze, die im Tierreich gelten, auf den Menschen zu übertagen. Was dabei im schlimmsten Fall herauskommen kann, haben beide nicht mehr erleben müssen: die Selektion und Vernichtung von angeblich minderwertigen "Menschenrassen" und die versuchte Zucht von "Herrenmenschen" während des Nazi-Regimes. Wallace ist überzeugt, dass sich die geistigen und moralischen Fähigkeiten des Menschen, seine Einsicht in Grenzen und Schuld nicht aus dem Kampf ums Dasein erklären lassen. Darwin selbst musste um sein Dasein nie kämpfen, denn er hatte ein reiches Erbe und eine reiche Frau. Dennoch ist er ein Wissenschaftler und ein sehr sensibler Mensch geworden.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Franz Liszt 1811 - 1886
Album: FRANZ LISZT: KLAVIERWERKE - Jorge Bolet
Titel: Les jeux d'eau a la Villa d'Este - Nr.4 aus "Annees de Pelerinage" - Zyklus für Klavier, Troisieme Annee : Italie
Anderssprachiger Titel: Die Wasserspiele der Villa d'Este "Jahre der Pilgerschaft", drittes (3.) Jahr: "Italien"
Solist/Solistin: Jorge Bolet
Länge: 07:45 min
Label: Decca 4118032

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