Charles Darwin, 1875

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Gedanken für den Tag

Susanne Heine über Darwin: Evolution, Kunst und Religion

Gott und die Insekten - Zum 140. Todestag von Charles Darwin
von Susanne Heine, Religionspsychologin und evangelische Theologin

Darwin weiß, dass seine Theorie noch viele Lücken aufweist. Was bewirken Mutationen, Veränderungen von Keim- oder Körperzellen, die auch Krankheiten hervorrufen können wie den gefürchteten Krebs? Seine Theorie war ein Anfang, dem bis heute weitere Forschungen und neue Erkenntnisse folgen, die Heilung von Krankheit versprechen.

Die Evolutionsbiologie ist eine empirische Wissenschaft, die sich mit Ausschnitten aus der Wirklichkeit befasst und nicht mit Gott. Zu oft haben Theologie und Kirchen den Fortschritt durch wissenschaftliche Erkenntnis verdammt. Aber Religion spielt für mich in einer anderen Liga, will mit ihren symbolischen Sinnsystemen andere, spirituelle Dimensionen erschließen, den Menschen einen Namen geben und das Fürchten nehmen.

Darwin war kein Atheist und wollte auch nicht so genannt werden. Aber bei seiner ehrlichen Selbsterforschung ist ihm ein zunehmender Mangel aufgefallen. Über seiner Arbeit mit Tatsachen und Beweisen sei ihm, so schreibt er, seine Freude an Kunst, Poesie und Musik, auch der Glaube abhandengekommen. Er nennt es einen Verlust an "höheren Seelenfähigkeiten" und damit an Glück.

Kunst, auch Religion, sind keine Nachrichten über die Wirklichkeit, die Darwins Lebensinhalt geworden waren. Sie sind Nachrichten über eine Haltung, die man gegenüber der Wirklichkeit einnehmen kann. Die Kunst verdankt sich der menschlichen Kreativität, entführt in eine Welt des Empfindens und Genießens. Religion will der Evolution die Bedeutung jedes einzelnen Menschen entgegenhalten, um Mitmenschlichkeit zu mobilisieren und Krisen zu bewältigen.

So frage ich mich: Ist nicht die Religion die zeitgleiche Antwort auf die Evolution? Musste die Evolution nicht die Religion als Kontrastprogramm auf den Plan rufen, weil alles Lebendige evolutionäre Prozesse seit jeher so schmerzlich erlebt, noch bevor sie erforscht worden waren? Und damit die Augen öffnen: Die Welt ist auch schön, kann auch Lebensfreude und Oasen des Glücks schenken.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Franz Liszt 1811 - 1886
Album: FRANZ LISZT: KLAVIERWERKE - Jorge Bolet
* Gondoliera (00:05:00)
Titel: Venezia e Napoli - Romanze aus dem Zyklus für Klavier "Annees de Pelerinage", Supplement du Deuxieme Annee : 'Italie'
Anderssprachiger Titel: Jahre der Pilgerschaft, Anhang zum zweiten (2.) Jahr: "Italien"
Solist/Solistin: Jorge Bolet
Länge: 05:00 min
Label: Decca 4118032

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