Der Pfeile der SPÖ

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Radiokolleg - Die Geschichte vom 1. Mai

Und der Traum von der Weltrevolution (1). Gestaltung: Dagmar Streicher

1889 auf dem Internationalen Arbeiterkongress in Paris: Im Kampf um den 8 Stunden Arbeitstag beschließen die Delegierten weltweite Demonstrationen an einem akkordierten Tag, dem 1. Mai. Erstmals in der Geschichte soll länderübergreifend gestreikt werden. Die Manifestationen sind nicht gestattet, nicht genehmigt, oftmals brutal erkämpft und fordern Opfer.

Die Sozialistischen Kräfte sind in der Frage gespalten, ob man eine egalitäre Gesellschaft mit demokratischen Mitteln erreichen kann, oder nicht. Die verschiedenen Strömungen, wie Anarchisten, Kommunisten, und Reformsozialisten oder Sozialdemokraten prägen die sozialrevolutionäre Geschichte und mit ihr den 1.Mai.

Der Kampftag wird in der Zwischenkriegszeit in vielen Ländern zum nationalen Feiertag und das führt dazu, dass er nun nicht mehr nur von Sozialistischen Kräften bespielt wird.
So deuten die Faschisten in den 1930iger Jahren den 1.Mai für sich um. Adolf Hitler ist von der Massenbewegung begeistert, die Nationalsozialisten werden die identitätsstiftende Kraft der Massenaufmärsche nutzen und dabei unverhohlen die Rhetorik und Symbolik der Sozialisten nutzen, um die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen.

Nach 1945 wird der 1.Mai wird zu einem allgemeinen Festtag.
Bis 1968. Denn im Mai 1968 verbündet sich die Friedens- und Protestbewegung in Paris mit der Arbeiterschaft und löst einen landesweiten Generalstreik aus. In Paris findet im Mai 1968 zwar nicht die von Student:innen und Arbeiter:innen geplante Revolution statt, aber die Geschehnisse prägen die gesellschaftspolitische Entwicklung in ganz Europa.

Der 1.Mai 1968 gestaltet sich auch in Prag ganz anders als die 20 Jahre davor: Er steht im Zeichen des "Prager Frühlings". Die Regierung unter Alexander Dubcek versucht einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" einzuführen. "Man hat auf eine Entwicklung gehofft, in der die Menschenrechte mehr beachtet würden, in der es wirklich um Gleichheit und um Menschlichkeit, um Solidarität und so weiter gehen würde", sagt die Journalistin und Zeitzeugin Susann Scholl. Diese Hoffnung wird von den Panzern des Warschauer Pakts im August desselben Jahres niedergerollt.

Im Realkommunismus der Sowjetunion ist die Teilnahme an den opulenten Maifeiern eine Pflichtübung. Das Fernbleiben von den systemhuldigenden Aufmärschen wird als Widerstand gewertet. Und der nimmt in den 1980er Jahren zu. Nach dem Zerfall der Sowjetunion definieren sich auch im Westen linke Bewegungen neu - und damit auch den 1. Mai.

Das Radiokolleg beleuchtet die Bedeutung des 1. Mai für die Arbeiterbewegung - und zeigt auf, wie im Laufe des 20. Jahrhunderts aus dem Kampftag ein Festtag wurde. Welche Umdeutungen erlebte der erste Mai im Laufe seiner Geschichte? Wie wurde der Tag der Arbeit zur Machtdemonstration instrumentalisiert? Und welche Rolle spielt der Erinnerungstag an die einst revolutionäre Kraft der Arbeiterklasse heute - vor dem Hintergrund von De-industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung?

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