Ida Maria Ronchetti über Sprache

1. Juni 2022, 06:56

50 Tage nach Ostern feiern Christ:innen überall auf der Welt Pfingsten. Kommende Woche ist es soweit - zumindest für jene, die dem Gregorianischen Kalender folgen.

Im Religionsunterricht gestalte ich mit meinen Schüler:innen anlässlich dieses kirchlichen Festes ein großes Plakat. Sie sollen 50 Wörter zum Pfingstfest finden. Ein Schüler schreibt "Pfingstwunder" quer über den Bogen Papier und ich nütze die Gelegenheit, um mir von ihm erklären zu lassen, was er denn mit Pfingstwunder meint. "Die Jünger konnten plötzlich alle mehrere Sprachen sprechen und sich verständigen!", erzählt er und hat damit natürlich vollkommen recht. "Sehr gut!", lobe ich. "Genau deswegen bezeichnet man Pfingsten auch als das Fest der Sprachen."

"Aber sie haben sich nicht nur verständigt, sondern sie haben sich auch alle verstanden", sagt ein anderer Schüler. "Das ist ein Unterschied." Auch er hat natürlich recht. Das Pfingstwunder des sich gegenseitigen Verstehens ist wie eine Umkehr der Zerstörung des Turmbaus zu Babel. Sich zu verstehen, beinhaltet viel mehr als sich nur zu verständigen. Es bedeutet eine Nähe und eine tiefe Verbundenheit, die uns, davon bin ich überzeugt, Glaube, die uns Gott, schenken kann. Und das sogar über die Religionen hinaus, die ja nicht immer für Friede und Verständigung gesorgt haben.

Auf eine Art und Weise hat die globalisierte römisch-katholische Weltkirche wohl mit der Einführung von Latein als Kirchensprache versucht, den Geist von Pfingsten aufrecht zu erhalten. Aber in einer Welt, in der sich immer weniger Menschen auf Latein verständigen können, ist es mit dem Verstehen erst recht problematisch. "Na, da verlassen wir uns lieber auf Gott", sagt ein Schüler - und bei so viel Weisheit bin ich sprachlos.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler

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• Sprachen. Vielfalt. Verstehen