Ida Maria Ronchetti über Sprache

4. Juni 2022, 06:56

Die Optik hat es uns Menschen schwer angetan. Wir erkennen, was schön ist, fühlen uns zu für uns visuell ansprechenden Menschen hingezogen und lassen uns auch sonst sehr oft von unseren Augen leiten.

Im Supermarktregal ist es dank psychologischer Marketingstrategien schon längst kein Zufall mehr, für welchen grünen Tee oder roten Apfel wir uns entscheiden. Alles ist Strategie und die hängt vor allem an der Verpackung. Mit der Sprache ist das nicht anders. In der Linguistik nennen wir die Verpackung der Sprache, die sprachliche Einrahmung, neudeutsch Framing.

Wir framen Inhalte, das heißt, wir verpacken sie. Meistens natürlich ganz bewusst so, dass sie gut ankommen, also sich gut verkaufen lassen. Da wird aus dem grünen Tee gleich mal der Glückstee und man kann nachweisen, dass Menschen empfänglich sind für allerlei Verpackungen und sich von ihr leiten und beeinflussen lassen. In unserer Welt geht es aber schon lange nicht mehr nur um das Framing von Lebensmittelprodukten.

In einer Gesellschaft, in der so gut wie alles das Potenzial hat, kommerzialisiert zu werden, sollten wir uns mehr denn je auf echte Inhalte und nicht nur schillernde Verpackung konzentrieren. Das gilt für die Broschüre des Sportartikelhändlers ebenso wie für die politischen Programme. Der Weg aus der Framing-Manipulation liegt in der Reflexion, in der Beschäftigung mit dem, was uns umgibt. Selbst das schönst verpackte Geburtstagsgeschenk sollte man irgendwann aufmachen, auch auf die Gefahr hin, vom Inhalt enttäuscht zu sein.

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