Matthias F. Stein

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Kunstradio - Radiokunst

Lauschen Sie dem Hörspielstudio RP4

Anlässlich des Ö1 Funkhaus Tages in der Argentinierstraße wird in einem Kunstradio Spezial am Sendeplatz der Nachtbilder "Radio Plays Itself" von Raviv Ganchrow präsentiert. In dem das Hörspiel Studio RP4 des Wiener Funkhauses selbst auch zu hören ist.

Wenn ich das Publikum dazu bringen kann, sich selbst beim Radiohören zu beobachten, dann habe ich erreicht, was ich wollte", so Raviv Ganchrow über sein neues Radiostück "Radio plays itself". Der Architekt und Künstler beschäftigt sich eingehend mit dem Radio, seiner Geschichte, Technologie und seinen Räumen, unter anderem in der Trilogie "Listening Subjects".

Ganchrow untersucht in seinen Soundinstallationen Hörgewohnheiten, die kulturell und sozial geprägt sind - auch im Hören gibt es keine physische Realität meint er, man könne daher auch keine Realität akustisch rekonstruieren.

Teil der Reihe "Listening Subjects" ist das Radiostück "Radio Plays Itself", das er für das Ö1 Kunstradio produziert und teilweise im ORF Funkhaus in Wien aufgenommen hat. Genauer: im digitalen Hörspielstudio RP4, in dem ein Großteil der Hörspiele und viele Kunstradio-Produktionen entstehen. Hörspielstudios öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, hat Ganchrow recherchiert, ähneln sich europaweit oft - etwa ist im Funkhaus Nalepastrasse in Berlin, wo von 1956 bis 1990 der Rundfunk der DDR seinen Sitz hatte, ist ein ähnliches Sortiment an hölzernen, metallenen und steinernen Treppen für die Hörspiel-Aufnahmen vorhanden. Dennoch gibt es im RP4 in Wien stadtspezifische Eigenheiten, etwa die für Gründerzeitbauten typischen Doppel-Flügelfenster.

Die Gestaltung eines Studios, vor allem eines Hörspielstudios, wird laut Raviv Ganchrow von Konventionen des Hörens bestimmt, aber auch von Konventionen des Sehens, selbst im Radio. Wie ein Raum, die Ausstattung oder Requisiten klingen, ist auch durch ihre visuellen Qualitäten beeinträchtigt, fand er bei seinen Recherchen in verschiedenen Hörspielstudios heraus. Als Anschauungsbeispiel nennt er zwei blaue Tassen, die als Requisiten offenbar seit Jahren im Studio RP4 des ORF Funkhauses verwendet werden. Obwohl sie von der Form her keine Kaffeehäferl sind, wurden sie - wie er bei den Analysen zahlreicher Hörspiele aus dem ORF Archiv feststellte - ihres Klangs wegen als solche bei den Aufnahmen verwendet.

Im Hörspielstudio des ORF Funkhauses hat er mehrere Tage verbracht und - in Abwesenheit anderer - Aufnahmen mit teils selbst gebauten, übersensiblen Mikrophonen gemacht. Aufnahmen für ein Hörspiel ohne Schauspieler, Statisten, Regisseure und Tonmeister, allein aus den vorhandenen Klängen der Gegenstände, der Einrichtung und des Raumes. Diese Aufnahmen hat er mit Produktionen aus dem Archiv abgeglichen. Über Jahrzehnte werden die gleichen Studios und Requisiten für die Produktion von Hörspielen verwendet - deren akustische Eigenschaften prägen sich also, so die These Raviv Ganchrows, in das Hörgedächtnis der Radiohörerinnen ein, ebenso wie die Eigenschaften eines Konzertsaals bei seinem Stammpublikum.

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