Der Papst Franziskus in Kanada.

VINCENCO PINTO

Praxis - Religion und Gesellschaft

Stoppschild auf dem Synodalen Weg

Kanada: Papst bittet Indigene um Vergebung +++ Deutschland: Harscher Ordnungsruf aus Rom für Synodalen Weg +++ Österreich: Vatikan-Botschafterin wird Sonderbeauftragte für Dialog der Religionen +++ "Women of the Wall": Jüdinnen wollen an der Klagemauer beten

1. Kanada: Papst bittet Indigene um Vergebung

Der Papst mit dem Federkopfschmuck neben Häuptlingen der großen Indigenen Volksgrupppen: Es war die symbolische Geste, die einerseits für Applaus beim Besuch des katholischen Oberhauptes am 25. Juli in Maskwacis, südlich der westkanadischen Großstadt Edmonton sorgte, andererseits auch für Kritik, denn dieser Kopfschmuck ist auch Symbol des Indigenen Widerstands. Im Zuge seines Besuchs in Kanada hat Papst Franziskus die Indigenen des Landes um Vergebung für ihr Leid in katholisch geführten Internaten gebeten und einen Weg der Versöhnung vorgeschlagen. Ab den 1880er Jahren wurden in Kanada über Jahrzehnte hinweg geschätzt rund 150.000 Indigene Kinder ihren Familien entrissen und in mehrheitlich von christlichen Kirchen geführten Internaten untergebracht. In den Schulen erlebten viele Kinder Gewalt, sexuellen Missbrauch, Hunger und Krankheiten. Hunderte kamen nie wieder nach Hause. Jene, die überlebt haben und ihre Nachkommen leiden bis heute an den traumatischen Erfahrungen. Aus Kanada berichtet ORF-Korrespondentin Inka Pieh.


2. Deutschland: Harscher Ordnungsruf aus Rom für Synodalen Weg

Der Vatikan hat nun in scharfen Worten klargestellt, dass der Synodale Weg in Deutschland "nicht befugt" sei, neue Formen der Leitung und eine neue Ausrichtung der katholischen Lehre und Moral zu entwickeln. Der seit 2019 laufende Synodale Weg strebt unter anderem eine Erneuerung der katholischen Sexualmoral und eine verbesserte Position von Frauen in der Kirche an. Nach Einschätzung des Kirchenrechtlers Thomas Schüller hat der Vatikan den deutschen Reformbemühungen mit der Erklärung eine klare Absage erteilt. "So kann es mit den Blütenträumen der deutschen Synodalen gehen: Sie zerplatzen an den römischen Mauern", sagte der Münsteraner Professor im Interview mit Andreas Pfeifer. "Rom stellt ein Stoppschild auf und beharrt auf seinem alleinigen Führungsanspruch, was die Veränderung von Macht und Lehre in der Kirche angeht." Der Vatikan befürchte, dass die deutschen Katholiken einen Sonderweg einschlagen könnten, und offenbar schafften es die restaurativen Kräfte in der römischen Zentralverwaltung, Papst Franziskus in seiner kritischen Sicht auf die deutsche Kirche zu bestärken. "Die Weltkirche und damit Rom könnte von einer Teilkirche wie der in Deutschland durchaus lernen, will es aber augenscheinlich nicht", so Schüller.


3. Österreich: Vatikan-Botschafterin wird Sonderbeauftragte für Dialog der Religionen

Sie war die erste Frau, die Österreich in diese Funktion entsandt hat: Franziska Honsowitz-Friessnigg hat vier Jahre lang die Vertretung beim Heiligen Stuhl geleitet, war also Botschafterin beim Vatikan. Mit erstem August tritt sie in Wien eine neue Position an: Sie wird im Außenamt Sonderbeauftragte für den Dialog der Kulturen und Religionen. ORF-Rom-Korrespondentin Cornelia Vospernik hat in Rom mit ihr über die neuen Aufgaben, vor allem aber über ihre Bilanz der letzten Jahre gesprochen.


4. "Women of the Wall": Jüdinnen wollen an der Klagemauer beten

Am 29. Juli, an Rosh Chodesh , dem ersten Tag des jüdischen Monats werden sie wieder an die Mauer gehen, wo sie als Nazis oder als Gojim, also Nicht-Juden, beschimpft, von Ultra-Orthodoxen bespuckt und bedroht werden: jüdische Frauen, die sich einmal im Monat an der Klagemauer versammeln, um dort zu beten. Das Besondere dabei: Die "Women of the Wall", also "Frauen der Mauer", kämpfen seit mehr als dreißig Jahren darum, dort, am heiligsten Ort des Judentums, am Fuße des Tempelbergs, genauso beten zu dürfen wie jüdische Männer: mit Gebetsmänteln, Gebetsriemen und einer Thorarolle. Ein Bruch jahrtausendealter jüdischer Tradition, der bei vielen strenggläubigen Jüdinnen und Juden Empörung und auch Zorn auslöst. Der monatlich wiederkehrende Konflikt an der "Kotel", der Klagemauer, gewinnt zuletzt immer mehr an Schärfe, die Sorge vor einem Gewaltausbruch wächst. Aus Israel berichtet Tim Cupal.

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