Ein Blatt mit Wassertropfen

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Gedanken für den Tag

Martin Schenk über das Vertrauen in die Welt rundum

"Vom Alltag der Weltbeziehungen". Martin Schenk ist Psychologe und Sozialexperte der Diakonie

Scheußlich sind sie anzusehen, eine abscheuliche Flüssigkeit tropft ihnen aus den Augen. Blutklumpen, die sie mit ihrer Beute verschlungen haben, speien sie wieder aus.

Das sind die Erynnien aus der griechischen Sagenwelt. Sie bleiben aber nicht ewig so. Die Göttin Athene tritt auf. Sie vernichtet die Furien aber nicht. Die rachsüchtigen Zornbündel verwandeln sich. Beim Festzug nehmen sie eine aufrechte Haltung ein, mit purpurnen Festgewändern werden sie ausgestattet. Ab jetzt werden sie der Stadt als "Eumeniden" Wohlwollen entgegenbringen.

Darin kann man zwei zentrale Wandlungen erkennen. Die erste besteht darin, dass Athene Rechtsinstitutionen schafft, um den endlosen Kreislauf der Blutrache zu durchbrechen. Die zweite verwandelt die Emotionen, verändert die Empfindungen im persönlichen wie im öffentlichen Bereich. Die Philosophin Marta Nussbaum nennt diesen Prozess "Zorn des Übergangs". Es wird hier nicht einfach ein Käfig um den Zorn errichtet, sondern der Zorn wurde von Grund auf verändert.

Es geht Nussbaum darum, dass der Zorn nicht einfach verdrängt wird, sondern sich verwandelt. Zorn ist eine starke Kraft, er bringt Dinge in Bewegung, weist auf Ungerechtigkeiten hin. Die Konzentration aber muss der Zukunft gelten und zwar mit Hoffnung und Vertrauen, dass Besseres möglich ist. Sonst dreht sich der Zorn allein um sich selbst, vergiftet jeden Fortschritt. Sonst wird der Zorn zu einem Akt der Selbstunterwerfung, wird die Wut zu einer sich selbst zerfressenden Einübung ins Gehorchen.

Der Zorn des Übergangs aber ist wie die Eryinnien in Athen, die dem Recht weichen mussten - aber sich mitverwandelten zum Wohle der Stadt. Das wäre jetzt ein glatter schöner Schluss gewesen. Zu enden mit den schön verwandelten Furien und der Gewissheit wohlmeinender Eumeniden für immer. Der blinde Zorn ist aber nicht ewig verwandelt, nicht einfach eingehegt, wohin er sich wendet, ist offen, wer den Zorn wo bindet ist immer umkämpft. Den Kampf führen Erynnien und Eumeniden mit sich selbst. Und wir mit uns. Immer wieder.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Ramin Djawadi geb.1974
Bearbeiter/Bearbeiterin: Stephen Coleman (Orchestr.)
Vorlage: George R.R. Martin geb.1948
Gesamttitel: GAME OF THRONES - SEASON 2 / Original Fernsehmusik
Titel: Mother of dragons
Untertitel: MUSIC FROM THE HBO SERIES
Orchester: The Czech Film Orchestra
Chor: Czech Film Choir
Länge: 02:34 min
Label: Varèse Sarabande VS-D7148

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