Jetzt aber wirklich: Energiesparen!

14. September 2022, 13:00

Was kann Sie motivieren, kürzer zu duschen, kälter zu wohnen, mit Topf auf dem Deckel zu kochen oder langsamer zu fahren? Fühlen Sie sich zu derartigen Verhaltensänderungen eher mittels (Bewusstseins-)Bildung und rationalen Argumenten oder über Emotionen bewogen? Und welche Rolle spielen etwaige Gesetze, Verbote, Kontrollen und Strafen für Ihre Motivation?

Lange war der Appell zum Sparen angesichts der Gas- und Energiekrise vermisst worden; der Blick auf die notwendige Energiewende hatte dafür bisher nicht gereicht. Deutschland und die Schweiz haben es jüngst vorgemacht und seit zwei Tagen gibt es nun auch in Österreich eine Energiespar-Kampagne der Bundesregierung: "Mission 11" will mit Mitmach-Appellen für "kleine Änderungen unseres Verhaltens" den Energieverbrauch um elf Prozent reduzieren. An verbindlichen Maßnahmen werde gearbeitet, heißt es aus dem Energieministerium. Im Juli hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, zumindest den Gasverbrauch im kommenden Winter um 15 Prozent zu reduzieren.

"Energiesparmaßnahmen funktionieren nur, wenn Menschen sie als sinnvoll erachten", sagt die Wirtschafts- und Sozialpsychologin Katharina Gangl. Sie ist Leiterin der Abteilung für Verhaltensökonomie am Institut für Höhere Studien (IHS) und war an dem aktuellen Energiespar-Konzept der Bundesregierung beratend beteiligt.

Neben der Sinnfrage stellt sich aber auch die Frage nach der Machbarkeit: Nicht alle Haushalte können Energie sparen. Alte Fenster und ungedämmte Wände können oft nicht einfach selbst behoben werden. Weil neben den Gas- auch die Brennholzpreise massiv gestiegen und Öfen vielfach ausverkauft sind, werden ineffiziente Heizlüfter und -Strahler wieder eingesetzt. Auch die ebenfalls stark gefragten klimafreundlichen Wärmepumpen verbrauchen viel Strom.

Was bringen zwei Grad Celsius weniger im Wohnzimmer und was weiß man über die Einflussfaktoren auf den Energiekonsum von privaten Haushalten? Wo sind die großen Hebel - Stichwort: Industrie - und wie steht es um die Motivation und das Vertrauen in derartige Kampagnen, wenn Millionen in Klimabonus und Strompreisdeckel fließen? Wenn die steirische Landeshauptstadt beispielsweise ebenfalls am Montag eine erste "Energie-Frühwarnstufe" aktiviert hat und die Beleuchtung öffentlicher Gebäude verkürzen und Raumtemperaturen senken will, zugleich aber eine politische Partei für Heizschwammerl "kämpft" und Einkaufsstraßen ankündigen, die Weihnachtsbeleuchtung zu "retten"?

Es braucht dringend weitere Maßnahmen, um den Energieverbrauch langfristig zu senken, fordert zum Beispiel GLOBAL 2000: "Es braucht ein wirksames Energieeffizienzgesetz", sagt der Sozialwirtschaftler Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher der Umweltschutzorganisation. Das Energieeffizienzgesetz, das große und dauerhafte Änderungen bringen könnte und sollte, ist Ende 2020 ersatzlos ausgelaufen und wird seit Monaten von der Bundesregierung angekündigt.

Katharina Gangl und Johannes Wahlmüller sind Gäste bei Barbara Zeithammer und Sie sind wie immer herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen: Unter 0800 22 69 79 live und kostenfrei aus ganz Österreich oder schriftlich per E-Mail an punkteins(at)orf.at

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• Energie und Teuerung