Zwischenruf

Frieden

Dem Frieden nachzujagen, um als Menschheit zu überleben, dafür plädiert Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

In Zeiten des Friedens ist es leicht, Pazifist zu sein. Die Bewährungsprobe ist eben, diese Haltung auch in Zeiten des Krieges zu wahren. In der Bibel steht im Buch des Predigers: "Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit"; .und etwas später lesen wir: "töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit"; also auch töten hat seine Zeit.

Bei uns in Österreich wird über den brutalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine heftig und emotional diskutiert. Da sagt mir ein Pfarrerkollege: Es gibt Zeiten des Friedens aber auch Zeiten, in denen Krieg geführt werden müsse, um Menschenleben zu retten. Da schickt mir ein anderer Kollege eine Petition an den deutschen Bundeskanzler mit Bitte um Unterstützung. Die Petition fordert die Anerkennung der von Russland annektierten Provinzen bei gleichzeitigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Die Vorstellungen, wie ein Friede erreicht werden könne, liegen weit auseinander.

Auch in meiner evangelisch-reformierten Tradition gibt es beides: den Friedensgedanken. Jesus hat in seiner Bergpredigt die Friedensstifter als Kinder Gottes gepriesen, und das in einer kriegerischen und gewalttätigen Welt, aber auch das Widerstandsrecht. Von den Hugenottenkriegen, Kriege der französischen Protestanten gegen den katholischen König im 17. Jh., über den Aufruf zum Tyrannenmord bis zum militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zieht sich eine Linie, in der Anwendung von Waffengewalt durchaus als gottgefällig verstanden wurde.

Der Zürcher Reformator Ulrich Zwingli wetterte gegen das Söldnerwesen und war entschiedener Gegner des Krieges, ist aber am Ende seines kurzen Lebens selbst in den Krieg gezogen, um, wie er meinte, die Reformation zu retten.

Zu allen Zeiten hat es Gründe für den Krieg gegeben, und zu allen Zeiten vermischen sich ehrliche Motive der Nächstenliebe mit beinharten wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen. Aber als Christ ist es für mich selbstverständlich, dem Frieden nachzujagen und Frieden zu stiften, wo immer es möglich ist und wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet.

Das gilt auch für den schrecklichen Krieg in der Ukraine. Wie immer jemand dazu steht, was immer auf dem Schlachtfeld geschieht - es braucht alle Anstrengungen, um das Schweigen der Waffen und einen wahrhaften Frieden zu erreichen. Es braucht Kanäle zwischen verfeindeten Regierungen und zwischen den Staatskanzleien der Atommächte, um Schlimmeres zu vermeiden. Immer schon wurde und wird in Waffen und Militär viel mehr investiert als in die Vorbeugung und Vermeidung von Konflikten. Seit Jahrzehnten fordern Friedensorganisationen die totale Vernichtung aller Atomwaffen, die uns heute wieder Angst einjagen und bedrohen, wie schon lange nicht.

Dem Frieden nachzujagen ist für mich nicht nur eine religiöse Pflicht, das sollte uns, besonders im Zeitalter von Massenvernichtungswaffen, schon der Hausverstand raten, wenn wir als Menschheit überleben wollen.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Benjamin Britten
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Wilfred Owen
Titel: WAR REQUIEM op.66 / Requiem für Soli, Chor und Orchester / Text aus der Missa pro Defunctis und Gedichte von Wilfred Owen / 2.Teil
* Libera me (00:22:42)
Solist/Solistin: Elisabeth Söderström /Sopran
Solist/Solistin: Robert Tear /Tenor
Solist/Solistin: Thomas Allen /Bariton
Chor: Choir of Christ Church Cathedral, Oxford /Knabenchor
Choreinstudierung: Francis Grier
Chor: CBSO Chorus
Choreinstudierung: Simon Halsey
Orchester: City of Birmingham Symphony Orchestra
Leitung: Simon Rattle
Länge: 22:44 min
Label: EMI CDC 7470352

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