Buen Vivir

10. November 2022, 06:56

Sprache schafft Gefühl und Realität. Immer wieder fallen mir im Alltag Worte auf, deren Herkunft mich beschäftigt und wo ich mich frage: Inwiefern färbt Sprache auf uns ab und wir auf die Sprache?

Nehmen wir einen Begriff, der aus dem Alltagleben nicht mehr wegzudenken ist, die berühmte "Deadline", die einzuhalten ist, wenn es sich um einen Abgabetermin oder eine wichtige Vereinbarung handelt. Man denkt nicht daran, dass dieser Begriff aus dem amerikanischen Bürgerkrieg kommt, in dem man aufgrund der großen Zahl der Gefangenen diese auf das offene Feld trieb und eine Linie um sie herum in die Erde grub, die als "Deadline" bezeichnet wurde. Überschritten die Gefangenen diese Linie, wurden sie erschossen. In den 1920er Jahren wird dieser Begriff in Zeitungsredaktionen für einen Abgabeschluss verwendet und spätestens seit den 1980er-Jahren ist die Deadline auch aus unserem alltäglichen beruflichen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken, ob es sich nun um das Einhalten einer Abmachung, einem Abgabetermin im Studium, Beruf oder Schulalltag handelt, die Deadline erzeugt mächtig Stress und ist keinesfalls zu überschreiten.

Ebenso der bei lang gehegten Vorhaben gern verwendete Satz "das muss ich jetzt in Angriff nehmen". Oder der "Schlachtplan", den man sich zurechtlegt für ein Projekt. Welcher Angriff, welche Schlacht, etwa auch gegen uns selbst? Oder: Da musst du dich jetzt durchbeißen, durchkämpfen. Ist es ein Kampf oder könnte man es nicht auch als einen etwas holprigen, aber freudigen Tanz in etwas zu großen Schuhen sehen, bis man da hineingewachsen ist und etwas erreicht hat? Wenn man eine dringende Frage beantwortet haben möchte, sagt man manchmal "schieß los"... Auch darin liegt eine kriegerische Vibration und ich bin auf der Suche nach Begriffen, die eine freundlichere Botschaft vermitteln, an uns selbst und unser Gegenüber.

Der Quantenphysiker Hans Peter Dürr schreibt in seinem Buch "Was unsere Welt im Inneren zusammenhält": "Die Struktur der Wirklichkeit können wir mit unserer Sprache gar nicht erkennen, sondern wir richten sie uns so zurecht, dass sie in diese Sprache hineinpasst." Und vielleicht auch vice versa?

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler

Übersicht

• Nachhaltig leben
• Mutter Erde - Klima