Susan Sontag

Susan Sontag - GEMEINFREI/PETER HUJAR

Gedanken für den Tag

Susan Sontag: Krankheit als Metapher

Brigitte Schwens-Harrant, Literaturwissenschafterin und Buchautorin, über die New Yorker Autorin anlässlich deren 90. Geburtstags

Wie man über Krankheiten redet, ist sehr entscheidend und immer kulturell und gesellschaftlich geprägt. Auch durch einen Vorrat von Bildern und Metaphern. Susan Sontag meinte: Grauenhaft wären diese Metaphern, diese "Straf- oder Gefühlsphantasien", die man mit Krankheiten verbindet. Gibt man nämlich einer Krankheit eine Bedeutung, zum Beispiel als Strafe, wird aus einem medizinisch zu erklärenden Sachverhalt ein Ungetüm. Dieses ist dazu geeignet, den Patienten zu verurteilen, nicht unbedingt aber, ihn wieder gesund zu machen. Ein solches Sprechen über Krankheit kann das Leiden noch verschlimmern.

Die 1933 geborene Schriftstellerin Susan Sontag wandte sich 1978 in ihrem berühmt gewordenen Essay "Krankheit als Metapher" gegen moralische Kategorien beim Reden über Krankheit. Dass man Krebskranke gemieden hat, weil man fürchtete, sie wären ansteckend, kommt heute, 45 Jahre nach Erscheinen ihres Buches, hierzulande nicht mehr so häufig vor. Doch das Reden, als wäre Krebs eine Metapher für das Böse, hat sich bis heute gehalten: etwa in der Formulierung, dies oder das breite sich aus wie ein Krebsgeschwür.

Susan Sontag musste selbst gegen Krebs kämpfen, sie erwähnt das in ihrem Buch aber mit keinem Wort. Ihr Anliegen erklärte sie später so: "Ich wollte anderen Menschen - Kranken und ihren Angehörigen - ein Instrument an die Hand geben, um diese Metaphern zu durchschauen und diese Hemmschwellen abzubauen. Ich hoffte, verängstigte Kranke bewegen zu können, dass sie entweder einen Arzt aufsuchten oder statt ihres unfähigen Arztes einen anderen konsultierten, der ihnen die richtige Hilfe angedeihen ließ; sie sollten Krebs einfach als Krankheit betrachten lernen - eine ernste Krankheit, aber eben eine Krankheit, weder Fluch noch Strafe noch Peinlichkeit. Eine Krankheit ohne ‚Bedeutung'."

Service

Susan Sontag, "Krankheit als Metapher", Fischer TB
Susan Sontag, "Aids und seine Metaphern", Fischer TB
Benjamin Moser, "Sontag. Die Biografie", Pantheon Verlag

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Horace Silver
Album: THE BEST BLUE NOTE ALBUM IN THE WORLD ... EVER / CD 1
Titel: Song for my father/instr.
Ausführende: Horace Silver Quintet
Ausführender/Ausführende: Horace Silver
Ausführender/Ausführende: Carmell Jones
Ausführender/Ausführende: Joe Henderson
Ausführender/Ausführende: Teddy Smith
Ausführender/Ausführende: Roger Humphries
Länge: 07:15 min
Label: Blue Note/Capitol Records 5200702 (2 CD)

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