Kinder rodeln

APA/HERBERT PFARRHOFER

Gedanken für den Tag

Martin Schenk über Widerstandskraft

Martin Schenk, Psychologe und Sozialexperte der Diakonie Österreich beschäftigt sich mit dem, "Was Kindern jetzt gut tut"

Resilienz heißt, widerstandsfähig sein. Das können wir brauchen. Jetzt in den vielen Krisen ist dieses Wörtchen in aller Munde. Aber in einer schädlichen Weise. "Mach dich resilient! Sei resilient! Bemüh dich, resilient zu sein!"

Das ist möglicherweise gut gemeint, aber ein Missverständnis. Resilienz ist keine Dimension individueller Leistungsfähigkeit - das belastet die Belasteten noch mehr. Das ist wie jemandem, den die Depression quält, zu sagen: "Reiß dich zusammen!". Wir wissen, das drückt die Person noch tiefer in den Strudel der Verzweiflung.

Einer der ersten, der sich mit Resilienz beschäftigte, Aaron Antonovsky, betonte, dass Resilienz stets mit gesellschaftlichen Bedingungen verbunden ist. Er nannte sein Konzept "Kohärenzsinn", eine Fähigkeit, mit der Welt in Beziehung zu sein. Keine Handlungsspielräume zu haben, weniger Anerkennung zu bekommen und von Dingen ausgeschlossen zu sein, über die andere sehr wohl verfügen, ist Ausdruck einer sozialen Krise, in der auf Dauer unsere Selbstwirksamkeit und unser Selbstvertrauen leidet.

Und Kleinkinder, die sich sicher fühlen in ihrer Beziehung zu Eltern oder einer Bezugsperson, sind neugieriger auf die Welt, lernen leichter und fürchten Herausforderungen weniger. Das sagt uns die Entwicklungspsychologie. Zu glauben, ein Kind baut Resilienz auf, wenn man sagt, "Sei stark! Sei widerstandsfähig!", ist mehr als lächerlich. Dieses magische Denken aber durchzieht eine ganze Reihe von Texten zur Resilienz, die in der Krise jetzt erscheinen. Für Resilienz braucht es immer auch andere. "Aus sich selbst heraus" funktioniert das nicht, das ist ein Beziehungsgeschehen. Resilienz als einsames individuelles Leistungsprogramm misszuverstehen, belastet noch mehr und schadet.

Kinder sind unsere Zukunft, heißt es allerorts und gerne. Ich glaube das aber erst, wenn es genug Ressourcen gibt, die Kinderarmut zu bekämpfen, die Therapielücke zu schließen und gute Schulen für alle zu ermöglichen.

Service

Martin Schenk, Hedwig Wölfl (Hg.), "Was Kindern jetzt gut tut. Gesundheit fördern in einer Welt im Umbruch", Ampuls-Verlag

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Sting
Komponist/Komponistin: Dominic Miller
Album: LEE RITENOUR'S 6 STRING THEORY
Titel: Shape of my heart/instr.
Solist/Solistin: Lee Ritenour
Solist/Solistin: Steve Lukather
Solist/Solistin: Andy McKee
Ausführender/Ausführende: John Beasley
Ausführender/Ausführende: Jimmy Johnson
Ausführender/Ausführende: Will Kennedy
Ausführender/Ausführende: Paulinho da Costa
Länge: 04:48 min
Label: Concord Records/Universal 7231911

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