
APA/HERBERT PFARRHOFER
Gedanken für den Tag
Martin Schenk über pflegende Kinder
Martin Schenk, Psychologe und Sozialexperte der Diakonie Österreich beschäftigt sich mit dem, "Was Kindern jetzt gut tut"
27. Jänner 2023, 06:56
Papas Herz ist kaputt. Die beiden Buben sehen, dass Papa ins Krankenhaus muss. Sie sehen Mama weinen. Papa leidet an einer schweren Herzkrankheit. Ob er all das überleben wird, weiß niemand.
Mama weiß es auch nicht. Sie sagt Sätze wie: "Die Engelchen sitzen auf Papas Schultern und überlegen, ob sie ihn mit in den Himmel nehmen sollen." Maja erzählt auf einer Podiumsdiskussion von ihrer Familie und dem Ringen ihrer beiden Kinder in den Tagen von Papas Herztransplantation - und vom Alltag davor und danach.
Eine junge Frau in der hintersten Reihe zeigt auf, nimmt ihren Mut zusammen und das Mikrofon in die Hand. "Meine Mutter war schwer depressiv", sagt sie, "so bin ich aufgewachsen, ich war als Tochter oft stark und dann wieder verzweifelt. Bin ich schuld? Was kann ich machen, damit es Mama wieder besser geht?" Viele quälende Fragen haben das kleine Mädchen umgetrieben. Bis heute.
"Meine Mutter kam nach Monaten endlich wieder nach Hause," erzählt die junge Frau weiter, "aber ich musste ihr beim Duschen helfen, den Haushalt führen, Essen kochen. Wenn sie zum Arzt musste, hab ich sie begleitet, weil der Lift im Halbstock war und die Stufen konnte sie nicht alleine gehen. Und auf der Straße brauchte sie dann einen Rollstuhl, da hab ich sie auch geführt". Was sie gebraucht hätte, und was sie sich wünsche, frage ich nach. Sie sagt: "Dass es jemanden gibt, der mich an der Hand nimmt und mir tragen' hilft. Jemanden der den Alltag weiterhin organisiert, und ich mich nicht selbst um alles kümmern muss. Jemanden, der mir Zuspruch und Verständnis entgegenbringt."
Schwach und stark zugleich mussten sie sein, erzählen die jetzt erwachsenen Kinder. Alle berichten, dass es keinen Raum für ihre Erfahrungen gab und gibt, ein großes Tabu, das nie angesprochen werden kann, mit dem sie sich allein gelassen fühlen. Bis heute dauert das Ringen um einen versöhnten Rückblick an: Das Ringen, dass all das, was war, selbstverständlicher Teil meiner Geschichte werden kann - ohne die Gegenwart zu vergiften und die Zukunft zu verbauen.
Service
Martin Schenk, Hedwig Wölfl (Hg.), "Was Kindern jetzt gut tut. Gesundheit fördern in einer Welt im Umbruch", Ampuls-Verlag
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Pete Glenister
Komponist/Komponistin: Scott Wilk
Album: UNCERTAIN PLEASURES
Titel: Invisible to you
Solist/Solistin: Mary Coughlan
Solist/Solistin: Christian Marsac
Solist/Solistin: Kirsty MacColl
Solist/Solistin: Pete Glenister
Solist/Solistin: John McKenzie
Solist/Solistin: Neil Conti
Solist/Solistin: Bob Andrews
Solist/Solistin: Phil Overhead
Länge: 04:28 min
Label: WEA 9031711002