Alina Dreyer

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

Aline Dreyer über Serendipia

"Worte können schwerwiegende Probleme zwar oft nicht lösen, aber sie können uns in schwierigen Momenten den Rücken stärken", stellt Aline Dreyer, Schauspielerin und Dolmetschstudentin, fest

Eines meiner Lieblingswörter im Spanischen ist "serendipia". Das gibt es im Deutschen auch, Serendipität, hatte ich vorher aber noch nie gehört. Außerdem klingt das, im Gegensatz zur spanischen Variante, nicht unbedingt wie der Name einer Luxus-Segelyacht.

Die Definition, die ich gelernt habe, beschreibt serendipia als zufälligen glücklichen Fund, den man macht, während man eigentlich gerade etwas anderes sucht. Freut man sich nicht umso mehr über eine schöne Entdeckung, wenn man sie nicht erwartet hat?

Mich erinnert das immer an ein Kinderbuch, das ich geliebt habe: "Kasimir lässt Frippe machen". Da geht es um zwei Biber in einer Werkstatt. Weil der größere Urlaub braucht, vertritt ihn kurzzeitig der kleinere. An die Reparatur der zerlegten Besitztümer, die ihm gebracht werden, macht er sich mit maximaler Motivation und minimaler Sachkenntnis. Aus einem kaputten Bügelbrett wird ein Skateboard, aus einer Regenrinne eine Art Blumentopfskulptur. Und bei jeder Abholung sagt der kleine Biber: "Es ist zwar nicht ganz so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe, aber vielleicht können Sie es trotzdem zu etwas gebrauchen."

Einerseits soll man seine Ziele ja klar vor Augen haben und verfolgen, nach dem Motto "du kannst alles, wenn du es nur genug willst." Aber oft ist es doch so, dass Dinge uns genau dann entgleiten, wenn wir sie unbedingt festhalten wollen. In der Kunst wird das besonders deutlich. Man möchte etwas besonders Beeindruckendes schaffen und sucht verbissen nach Ideen. Man beginnt, sie umzusetzen, und merkt, dass sie in der Realität nicht halb so großartig sind, wie sie doch eigentlich zu sein hätten. Die besten Momente in der Kunst waren für mich bisher die, die mich selbst überrascht haben. Serendipia.

Das heißt natürlich nicht, dass Ideen etwas Schlechtes sind. Wir sollen nicht aufhören, zu suchen, nur, weil die schönsten Dinge unvorbereitet kommen - im Gegenteil: Gerade mit offenen Augen läuft uns die serendipia über den Weg, die nicht so aussieht, wie wir sie uns vorgestellt haben, aber trotzdem sehr brauchbar ist.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Zbigniew Preisner
Vorlage: Uri Orlev geb.1931
Album: BERLINALE 2000 VOL.1 (SCORES) - ORIGINAL MUSIC FROM 50 YEARS OF INTERNATIONALE FESTSPIELE BERLIN
Titel: Quiet Suite/instr. / aus dem Film "The Island on Bird Street" / "Die Insel in der Vogelstraße"
Orchester: Warschauer Symphoniker
Leitung: Zbigniew Preisner
Länge: 02:43 min
Label: BMG Cinesoundz 74321703252

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