Johanna Schwanberg

LUXUNDLUMEN/MARLENE FRÖHLICH

Gedanken für den Tag

Essen und Gemeinschaft

Was Essens-Bilder alles offenbaren können, zeigt Johanna Schwanberg, Direktorin des Dom Museum Wien und Präsidentin vom Icom Österreich, auf

Jedes Mal, wenn ich durch unsere aktuelle Ausstellung "Mahlzeit" gehe, halte ich vor einer Wand voller farbenfroher Fotografien inne. Zu sehen sind Familien in all ihrer Vielfalt, die zu Abend essen. Es wird miteinander geredet, gelacht oder auch geschwiegen.

Manchmal vertiefe ich mich in ein Bild, auf dem etwa eine wohlsituierte Familie mit mehreren Kindern formell an einem großen Tisch sitzt. Dann wiederum bleibt mein Blick an einer Fotografie hängen, die ein älteres Ehepaar in trauter Zweisamkeit, aber melancholischer Stimmung bei einem bescheidenen Mahl zeigt. Schließlich schmunzle ich über ein Elternpaar mit drei Kindern, die ihr Abendessen unkonventionell am Boden vor einer himmelblauen Wand, offenbar vor einem Fernseher kauernd zu sich nehmen - in lockerer Atmosphäre, aber in großer Geborgenheit.

Mich begeistert diese fotografische Gesellschaftsstudie der amerikanischen Künstlerin Lois Bielefeld, da sie von den unterschiedlichsten Essgewohnheiten heutzutage erzählt. Aber auch von der Bedeutung des Gemeinschaftsmahls überhaupt, das ein universelles kulturelles Phänomen darstellt - und wie keine andere Form der Vergemeinschaftung Bindung, Anerkennung, Zugehörigkeit und Nähe zum Ausdruck bringt. Dies veranschaulichen zahlreiche Beispiele aus der Kulturgeschichte. Ob die Herrenmahle der Spartaner, das jüdische Pessach-Mahl, das christliche Abendmahl oder auch König Artus Tafelrunde- sie alle sprechen für den enormen Stellenwert des gemeinsamen Essens.

Wie zentral Mahlzeiten unser aller Leben bestimmen - als Ort, an dem Zusammengehörigkeitsgefühl erlebt und Kommunikation gepflegt werden kann -, haben gerade die letzten Jahre gezeigt. Selten wurde öffentlich so laut kundgetan, wie sehr das Essen mit Freunden oder der Großfamilie vermisst wird wie in der Zeit der Lockdowns. Zugleich haben das gemeinsame Kochen und das Zelebrieren von Mahlzeiten im Rahmen eines Haushalts einen besonderen Aufschwung erlebt.

Mich selbst trägt der Gedanke an ein gemeinsames Essen mit lieben Menschen mitunter durch einen arbeitsreichen Tag. Oft freue ich mich schon beim Frühstück auf die Gerüche, die Aromen und die Gespräche, die mit einem schönen Abendessen Hand in Hand gehen. Dann denke ich auch an den frühromantischen Dichter Novalis, der poetisch meinte: "Das gemeinschaftliche Essen ist eine sinnbildliche Handlung der Vereinigung."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Leonard Bernstein
Bearbeiter/Bearbeiterin: Sid Ramin
Bearbeiter/Bearbeiterin: Irwin Kostal
Album: Bernstein dirigiert Bernstein - Theatermusik Vol.1
* Cha Cha < "Maria" >. Andantino con grazia (00:55)
Titel: Symphonic Dances aus dem Musical "WEST SIDE STORY" für Orchester
Anderssprachiger Titel: Symphonische Tänze
Leitung: Leonard Bernstein
Orchester: New York Philharmonic
Länge: 00:55 min
Label: Sony SM3K 47154

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