La tenerezza - die Zärtlichkeit

14. März 2023, 06:56

"Habt keine Angst vor der Zärtlichkeit", sagt Jorge Mario Bergoglio am 19. März des Jahres 2013, nachdem er sechs Tage davor zum Bischof von Rom gewählt worden war.

Als Papst nennt er sich Francesco, nach dem heiligen Franz von Assisi. Bei seiner höchstoffiziellen Amtseinführung verblüfft er die Welt mit einem Wort: Zärtlichkeit. "Habt keine Angst vor der Zärtlichkeit!" Sechsmal betont er dieses Wort: tenerezza, Zärtlichkeit. Und das vor dreihunderttausend Pilgern, vor hunderten Bischöfen, vor der politischen Weltprominenz - vor der machtvollen Kulisse des Petersdoms. Zärtlichkeit!

In den dogmatischen Wörterbüchern sucht man das Stichwort vergeblich. Da redet man von Gott offenbar noch immer lieber mit Worten der Herrschaft und der Macht. Zärtlichkeit aber ist das Gegenteil, ja geradezu der Exorzismus jeglicher Herrschaft.

Kurt Marti, der reformierte Pfarrer und Dichter, schrieb vor fünfzig Jahren eine kleine "Theologie der Zärtlichkeit". Darin heißt es: "Die Kardinaltugenden der Zärtlichkeit sind Nüchternheit, Wachheit, vor allem aber Aufmerksamkeit … In der Zärtlichkeit leuchtet Versöhnung auf, ein Funke vielleicht der großen, der möglichen Versöhnung zwischen Gott und den Menschen…" So Kurt Marti.

Der Papst mit dem zärtlichen Namen Francesco will dieser Zärtlichkeit wieder das von Jesus verbriefte Heimatrecht in der katholischen Kirche zurückgeben. Keine Angst vor Berührung. Mit den Aussätzigen, den Ausgesetzten. Tenerezza, Zärtlichkeit. Keine Angst vor dem "Risiko der Begegnung mit dem Angesicht des Anderen". Es ist Zärtlichkeit, einem Bettler ins Gesicht, oder sagen wir ruhig: ins Antlitz zu schauen, wichtiger, als ihm schamhaft eine Münze in den Pappbecher zu werfen.

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• Gedanken für den Tag

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• Alexandra Mantler