Heißluftballone

AP/YASUSHI KANNO

Radiokolleg

Barocke Sprachgesellschaften

Wort.Schätze. Die Ö1 Sprachviertelstunde "Sprachpur(itan)ismus" (1)

Die Auseinandersetzung darüber, ab welchem Zeitpunkt zu viele Wörter in die eigene Sprache wandern, gibt es seit Jahrhunderten. Sprachgesellschaften beschäftigen sich mit der vermeintlichen Reinheit in ihrer jeweiligen Sprache: die Forderung danach ist ein Widerspruch in sich selbst. Jede Sprache - sieht man von Kunst- und Plansprachen ab - ist gewachsen und nährt sich aus dem sprachlichen Austausch von Jahrtausenden. Hinter dem Wunsch dieser sprachlichen Reinheit steht ein Alleinvertretungsanspruch. Zu bestimmen, wie Sprache auszusehen hat, ist ein moralisches und politisches Ansinnen, was "rein darf" und was nicht. Und weil wir Alle miteinander kommunizieren, gibt es dazu so viele Meinungen wie Sprecher:innen.

Ab dem 16. Jahrhundert suchten europäische Gesellschaften ihre Sprachen zu normieren. National einheitliche Formen wurden gesucht - und mit den Standardsprachen gefunden. Barockgesellschaften stempelten Dialekte noch lange als primitive Bauernsprachen ab und wetterten gegen die sprachliche Überfremdung. Mitglieder der "Fruchtbringenden Gesellschaft", einer Weimarer barocken Sprachgesellschaft im 17. Jahrhundert, gelobten, sich der möglichst reinen deutschen Sprache zu bedienen. Ist heute Englisch die Sprache, die die eigene massiv bedrängt, war es damals die Sorge einer "spanisch-welschen" Überfremdung. Vorbilder für die Beschäftigung mit der eigenen Sprache waren französische und italienische Sprachgesellschaften. Was sprachpflegerischen Vereinigungen geblieben ist: ein Wechsel zwischen bleibenden Verdiensten um die eigene Sprache und skurril-eifernd anmutenden Aktivitäten.

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