Stofftiereule

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Punkt eins

Retten, wer zu retten ist

Über konkrete Vorschläge und Initiativen, die massiven Versorgungslücken in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich zu schließen. Gäste: Kiana und Kacy, Initiative "Change for the Youth" & Dr. Ingrid Zechmeister-Koss, Gesundheitsökonomin am Ludwig Boltzmann Institut - Health Technology Assessment in Wien. Moderation: Elisabeth Scharang. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Kiana ist 18 Jahre alt. Seit ihrer frühen Jugend lebt sie mit den Folgen von psychischen Erkrankungen und leidet an der unzureichenden medizinischen Versorgung für junge Menschen in der Jugendpsychiatrie. Nachdem sie zu Beginn des Jahres einen Suizidversuch überlebt, ergreifen ihre Freund:innen die Initiative und gründen Anfang März gemeinsam mit Kiana die Bewegung "Change for the Youth" für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung für Jugendliche und junge Erwachsene. Innerhalb kurzer Zeit schließen sich der Gruppe über Social Media über 2.000 Menschen an, die über ihre eigenen Erfahrungen berichten. Am 15. April geht "Change for he Youth" mit einer Demonstration in Wien an die breite Öffentlichkeit.

In Punkt eins erzählt Kiana über ihre Erfahrungen mit Psychiatrieaufenthalten und wie sie die mangelnde Versorgung für junge Menschen im psychiatrischen Bereich fast das Leben gekostet hat. "In den letzten Monaten ging es mir nicht gut. Freunde haben für mich die Rettung gerufen und ich wurde in die Klinik gebracht. Als ich nach der zweiten schweren psychischen Krise wieder gekommen bin, weil es mir so schlecht ging, hat es geheißen: Was machst du schon wieder da; und ich bin mit Medikamenten nach drei Minuten nach Hause geschickt worden." Kurz danach Kianas Suizidversuch.

Kianas Freund Kacy, Mitbegründer von "Change for the Youth": "Es geht uns nicht um eine Anklage an das Personal. Im Gegenteil, wir wollen gemeinsam für eine Verbesserung kämpfen. Wir fordern mehr Therapieplätze, bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal, mehr Förderungen für Jobs im Gesundheitssystem. Wir wollen, dass das Gesundheitssystem nicht kaputt gemacht wird. Weil das auf unsere Kosten geht."

Eine UNICEF-Analyse für Europa aus dem Jahr 2021 zeigt das Ausmaß der Probleme der psychischen Gesundheit von Jugendlichen in ganz Europa: Hier leben neun Millionen Jugendliche im Alter von 10-19 Jahren mit einer psychischen Erkrankung sprich 16,3 Prozent. Bei mehr als der Hälfte (55%) aller psychischen Erkrankungen handelt es sich um Ängste oder Depressionen. Bei Mädchen sind es über 70%. Suizid stellt die zweithäufigste Todesursache junger Menschen dar. In Österreich leiden 18,2 Prozent der 10-19-jährigen unter psychischen Problemen. Das sind knapp 160.000 Jugendliche. 24% der Kinder und Jugendlichen in Österreich zeigen im Laufe ihrer jungen Leben Symptome einer psychischen Erkrankung, wie selbstverletzendes Verhalten, Depressionen, Angstzustände, Zwangsverhalten und Aggressionen.

Dr. Ingrid Zechmeister-Koss, Gesundheitsökonomin am Ludwig Boltzmann Institut Health Technology Assessment in Wien, hat für eine groß angelegte europäischen Studie die Gesundheitssysteme von sechs EU Ländern und von Australien untersucht. Im Fokus standen die Strategien in den einzelnen Ländern im Umgang mit jungen Patient:innen mit psychischen Erkrankungen; diese Strategien wurden untersucht und verglichen. Das Fazit: "Österreich schneidet unter anderem deshalb nicht gut ab, weil es keine nationale Strategie zur Verbesserung der Situation in der Versorgung junger Patietn:innen gibt. Es ist ein Fleckerlteppich aus Einzelmaßnahmen und in jedem Bundesland anders", sagt die Expertin. "Außerdem fehlt die Gleichstellung von psychischen Problemen mit anderen Krankheiten und deren Behandlung."

In den internationalen Modellen zur Prävention und Versorgung von psychischen Erkrankungen bei jungen Menschen finden sich auch Empfehlungen für Österreich: In anderen Ländern wird wesentlich offensiver auf junge Menschen und deren Bedürfnisse zugegangen als in Österreich, und auf Mitbestimmung gesetzt.

Elisabeth Scharang diskutiert mit ihren Gästen und den Hörer:innen über die Situation der psychiatrischen Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wie kann man Zugangsbarrieren abbauen und welche Rolle spielt die Früherkennung von psychischen Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung und über Ihre Erfahrungen an punkteins(at)orf.at und rufen Sie direkt in der Sendung an 0800 22 69 79.

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Psychiatrisches Krisentelefon 0800 / 44 99 33
Rat auf Draht, Notruf für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen rund um die Uhr: 147
Frauenhelpline: 0800 / 222 555
Männernotruf: 0800 246 247

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Chris Martin, Jonny Buckland, Guy Berryman, Will Champion
Titel: Fix you
Ausführende: Coldplay
Länge: 04:53 min
Label: Capitol Records

Komponist/Komponistin: Simon & Garfunkel
Titel: Bridge Over Troubled Water
Ausführende: Mira Lu Kovacs, Clemens Wenger
Länge: 04:25 min
Label: Play Dead Records

Komponist/Komponistin: Anja Plaschg
Titel: Safe With Me (Instrumental)
(davon 13 Sek. unterlegt)
Ausführende: Soap&Skin
Länge: 03:13 min
Label: Solfo Label

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