Türckenkrieg, Schierlingsstreit und Semmelweis-Reflex

21. April 2023, 13:00

Seine Ideen und Leistungen bilden die Säulen, auf denen der moderne Sozialstaat steht - aber haben Sie schon einmal von Johann Peter Frank gehört? Sagt Ihnen der Name Robert Barany etwas (er ist ein österreichischer Nobelpreisträger)? Wissen Sie, wer Leopold Auenbrugger oder Oleh Hornykiewicz waren?

Bloß nicht unterkriegen lassen, scheint als Motto für das Gesundheitssystem zynisch angesichts der aktuellen Lage: Gefährdungsmeldungen aus Spitälern, geschlossene Abteilungen, Bettensperren, Pflegemangel, das beinahe Aus für den Eltern-Kind-Pass, die massiven Missstände in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, das grundsätzliche Missverständnis, ein Spital als gewinnorientiertes Unternehmen zu betreiben.

Bloß nicht unterkriegen lassen und für das Wohl der Patient:innen weiter kämpfen, war die Devise zahlreicher Ärztinnen und Ärzte, denen wir heute selbstverständliche Untersuchungsmethoden, Operationstechniken, Behandlungsmaßnahmen, Forschungsinstitute, Instrumente und Grundlegendes wie Gesundheitsvorsorge oder Händehygiene verdanken. Und unzählige gerettete Leben.

Konkurrenz mag das Geschäft beleben, wie der Volksmund sagt, doch Neid, Missgunst und Unverständnis, Dummheit, Bürokratie und Freunderlwirtschaft haben es vor allem in Österreich Medizinerinnen und Medizinern und ihren Erkenntnissen schwer gemacht - um einen hohen Preis. Anfeindungen, Mobbing, Ablehnung, Vertreibung - nicht selten wurden heimische Größen der Medizin im Ausland hochgejubelt und im Inland ignoriert. Das Schicksal von Ignaz Semmelweis, dem Entdecker des Kindbettfiebers und der Händedesinfektion, dem "Retter der Mütter" wurde sogar zum Fachausdruck: der Semmelweis-Reflex.

"Als die Dummheit die Forschung erschlug", titelt das am 20. April erschienene Buch der Medizinhistorikerin Daniela Angetter-Pfeiffer über "die schwierige Erfolgsgeschichte der österreichischen Medizin" (Amalthea Verlag), in dem sie die Hürden und Hindernisse anhand historischer Persönlichkeiten erläutert, die Bilder vermeintlicher Größen um wesentliche Dimensionen ergänzt, die Geschichte der Ausbildung, der Versorgung und des Verständnisses von Gesundheit und Krankheit skizziert und die Wege des Erkenntnisgewinns rekonstruiert - die allzu oft nicht in der Anerkennung im Heimatland enden. Ihr letztes Buch "Pandemie sei Dank! Was Seuchen in Österreich bewegten" wurde als Wissenschaftsbuch des Jahres 2022 ausgezeichnet.

Als Gast bei Barbara Zeithammer erinnert Daniela Angetter-Pfeiffer an die heimischen Held:innen der Medizingeschichte, rekonstruiert die Pfade des Erkenntnisgewinns und macht Hoffnung, dass sich aus der Geschichte doch lernen lässt. Zum Beispiel, was Österreich tun kann, um das Gesundheitssystem "gesund" zu halten.

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Service

Daniela Angetter-Pfeiffer: Als die Dummheit die Forschung erschlug. Die schwierige Erfolgsgeschichte der österreichischen Medizin. Amalthea Verlag.
Erscheint am 20. April 2023

Daniela Angetter-Pfeiffer: Pandemie sei Dank! Was Seuchen in Österreich bewegten. Amalthea Verlag, 2021

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Barbara Zeithammer